Als ich Dienstagmorgen noch schlief, klingelte sich ein armer DHL-Fahrer mutmaßlich die Finger wund an unserer Geschäftsadresse. Noch bevor ich aufgestanden war, hatte DHL Express schon zwei Mal angerufen und diese Mail geschrieben:
Spam? Denkste!
Die Auflösung:
Mastercard hatte – wie schon zum Start von Apple Pay in der Schweiz – an ausgewählte Fachmedien ein Paket mit gebrandeten Äpfeln geschickt. Es war der Morgen, an dem Apple Pay in Deutschland startete (mehr lesen beim IT Finanzmagazin) und seitdem die Deutsche Bank nach eigenen Angaben pro Minute (!) mehrere Hundert Anmeldungen verzeichnet.
Die Mastercard-Äpfel waren umweltschonend verpackt ohne Kunststoffe, nur falls jetzt hier jemand aufschreit. Geliefert werden sollten sie laut Mastercard zwischen 6 und 8 Uhr. Es war wohl ein Zufall, dass an unserer Adresse der Fahrer fast pünktlich zur (ursprünglichen) Sperrfrist der offiziellen Pressemitteilung um 6.30 Uhr auftauchte. Die Äpfel sind bald alle. Was bleibt, ist eine lustige Anekdote (ich meine: Wann haben Sie schon mal einen verzweifelten Anruf von DHL bekommen, die unbedingt Ihr Paket zustellen wollten?), aber auch wieder einmal die Erkenntnis: Meine Güte, was ein blöder Hype!
‚tschuldigung, sachlicher geht’s nicht. Als Nutzerin habe ich noch nicht mal meine erste Zahlung tätigen können, da war ich aus fachlicher Sicht das Thema schon leid. Ich freue mich vor allem, dass wir nun die Diskussion „Gerücht 126 bringen oder nicht“ in der Redaktion nicht mehr führen müssen. Und ich versteh es ja auch ein bisschen: In unserer Szene ist der Anteil der Apple-Nutzer wohl deutlich höher als im Rest von Deutschland. Anders kann ich mir kaum erklären, warum um Apple Pay so ein Aufriss gemacht wird, nicht aber um Google Pay, obwohl Android mit mehr als 80 Prozent in 2017 eine viel höhere Marktabdeckung hat als Apple/ iOS. Mastercard ließ mich dann auf Nachfrage zu der freundlichen Vitaminsendung schnell wissen, dass man beide Projekte spannend finde und selbstverständlich keines priorisiere.
Natürlich wäre es toll, wenn es Apple Pay gelingen würde, das mobile Bezahlen im Land der German Angst salonfähig zu machen. Nur: Es war auch nicht das iPhone, das das Smartphone hierzulande richtig populär machte. Die Deutschen sind ganz schön festgefahren, was ihre favorisierten Bezahlarten angeht. Nicht umsonst liest man zwischen den ganzen Pressemitteilungen von teilnehmen Banken und Läden diese Woche auch viele Schlagzeilen wie „Diese Daten fallen bei der Nutzung an“ oder „Wie sicher ist mobiles Bezahlen?“. Es wird sie beide brauchen, Google und Apple Pay, um das Thema voranzubringen. Und selbst dann steht in den Sternen, wann man beim Bezahlen mit Smartphone oder Uhr nicht mehr schief angeguckt wird.
Lesetipps
Unsere Redakteure haben es diese Woche schwer, zwischen dem ganzen Gejubel die anderen wichtigen News der Woche herauzufinden. Wir nehmen an dieser Stelle einfach schon mal ein paar Links voraus, damit Sie unseren wöchentlichen Newsletter am Freitag genießen können, ohne von Apple Pay erschlagen zu werden.
- „Die Zeit“ kommentiert, dass Apple Pay an der Bargeldliebe der Deutschen nichts ändern werde und argumentiert mit Zahlen: Laut einer Befragung der Bundesbank werden drei Viertel aller Transaktionen in Deutschland bar getätigt. Apple Pay wirke auf den ersten Blick schnell und effizient und: „Auf knapp mehr als 80 Millionen Menschen hochgerechnet wäre ein bisschen Zeitersparnis an den Kassen der Republik bestimmt ein beträchtlicher Minutengewinn für die deutsche Volkswirtschaft.“ zeit.de
- Ganz praktisch zieht es „t3n“ auf, die genau erklären, wie Apple Pay eigentlich funktioniert, wer dabei ist usw. t3n.de
- Zum Marktstart fragt „Internet World Business“ fünf Experten und eine Expertin, ob jetzt der Durchbruch für Mobile Payment kommt. Wie lange die Kollegen diesen Text wohl schon auf Halde liegen hatten? internetworld.de
- Und wer gerade mal einen Realitäts-Check braucht, der kann sich mal ein bisschen durch das MDR-Interview mit Finanztip-Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen klicken. Dort erklärt er kurz Apple Pay und beantwortet dann – viel wichtiger – die Fragen von älteren Mitbürgern, die in Sachen Finanzen noch ganz ganz andere Themen haben.