Wie sich das Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen in Unternehmen überwinden lässt
Der Blick in die Management-Etagen deutscher Unternehmen offenbart eine männerdominierte Welt. Wirklich spürbar ist der Frauenmangel in den höheren Führungspositionen, während es auf mittlerer Managementebene mitunter etwas heterogener aussieht. Das C-Level ist jedoch öfter männlich besetzt und in den Vorständen sind Männer tendenziell in der Überzahl oder ausschließlich vertreten. Der Anteil an Frauen nimmt schon lange vor der oberen Führungsebene ab, dies bestätigt auch der aktuelle LinkedIn Arbeitsmarkt-Radar. So beträgt in Deutschland der Anteil der Frauen im mittleren Management noch ca. 32 Prozent, in der höchsten Führungsebene dagegen gerade noch ca. 19 Prozent.
Klar ist, lange Arbeitszeiten und zeitintensive Projekte, die mit höheren Führungspositionen einhergehen, sind nicht immer einfach umzusetzen für junge Frauen, die gleichzeitig auch Mütter sind. Dies macht es generell schwieriger, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Diversität und Inklusion sind allerdings in den letzten Jahren zu immer wichtigeren weichen Faktoren in der Unternehmenswelt avanciert. Ein diesbezüglich zeitgemäßes Auftreten ist inzwischen ebenso unumgänglich wie hohe Umweltstandards und eine makellose Governance, um internationale Investoren anzuziehen.
Wie lassen sich mehr Frauen in Führungspositionen bringen?
Bemerkenswert ist die Ausgangsposition, denn Frauen sind in der Schule und an der Universität mindestens gleich stark wie Männer vertreten. So ist laut neuesten OECD-Zahlen der Anteil an Frauen im hohen Bildungsbereich mit 51 Prozent gegenüber 49 Prozent an Männern in Deutschland fast ausgeglichen. An deutschen Universitäten studierten im vergangenen Wintersemester erstmals sogar mehr Frauen als Männer, so eine Studie des Centrums für Hochschulentwicklung.
An einigen Punkten verlieren Frauen offensichtlich nach ihrem beruflichen Einstieg. Dies hat wohl vor allem auch mit der Familienplanung zu tun, was im Extremfall auf die Entscheidung Kinder versus Karriere hinausläuft. Die perfekte Balance zwischen beidem zu erzielen, ist schwierig. Arbeitgeber könnten es Frauen jedoch leichter machen, die diese Entscheidung nicht treffen möchten. Dies setzt voraus, dass die Themen Elternzeit, Familienplanung und Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit viel größerer Selbstverständlichkeit in das Berufsleben integriert werden.
Pandemie hat Umbrüche stark beschleunigt
Manche Unternehmen bieten schon jetzt flexible Regelungen für den Arbeitsort und die Arbeitszeit sowie längere Elternzeiten auch für Väter an. So sollte eine Elternzeit von sechs oder zwölf Monaten für Väter gesellschaftlich als völlig normal akzeptiert und grundsätzlich auch kein Karrierekiller sein. Genau dies ist in Deutschland jedoch noch nicht der Fall. Eine Normalität wie in Skandinavien wäre diesbezüglich wünschenswert.
Die Ausnahmesituation infolge der Pandemie hat jedoch zu unerwarteten Umbrüchen geführt und Veränderungen innerhalb kurzer Zeit ermöglicht, die normalerweise wesentlich länger gedauert hätten. Die Arbeitgeber in Deutschland waren von heute auf morgen gezwungen, das Home-Office zu akzeptieren. Wenn Mütter – oder Väter – fortan ein paar Tage in der Woche zuhause arbeiten wollen, um Familie und Beruf besser zu vereinbaren, dann wird dieses hybride Modell nun mehr Akzeptanz finden als vor Corona.
Frauen müssen Vorurteile entkräften
Frauen begegnen zudem gerade im technischen Umfeld und in Führungspositionen immer wieder typischen Vorurteilen. Hierzu gehört, dass Frauen Technologie nicht verstehen, ihre Positionen nicht selbstbewusst vertreten würden oder sich fachlich nicht klar ausdrücken könnten. Für Frauen, die eine neue Stelle antreten, kann es manchmal stärker notwendig sein, sich erst einmal zu beweisen und die typischen Vorurteile zu entkräften. Frauen sollten daher versuchen, sich stets auf das Projekt und auf die Aufgabe zu konzentrieren. Sie sollten selbstbewusst an die Sache herangehen und die Stärke entwickeln, auch schwierige Situationen zu meistern.
Hochqualifizierte Frauen, die es beruflich weit bringen wollen, werden feststellen, dass es Unterschiede zwischen relativ kleinen Start-ups und großen Unternehmen gibt. So bieten größere, reife Unternehmen zwar tendenziell mehr vordefinierte Karrierewege, die jedoch gesäumt sind von starker männlicher Konkurrenz. In Start-ups geht es in Bezug auf Karriereentwicklung eher flexibel und dynamisch zu, was engagierten Frauen mitunter mehr Chancen eröffnet. Die jüngere Altersstruktur in Start-ups trägt mit dazu bei, dass Diversität und Frauen in höheren Führungspositionen eher als selbstverständlich angesehen werden als in etablierten Unternehmen, die sich diesbezüglich erst langsam wandeln.