Von Steffen von Blumröder. In den letzten Jahren musste ich mich immer wieder dafür rechtfertigen, wenn ich in politischen Debatten und regulatorischen Initiativen den digitalen Blickwinkel gefordert habe.
Medienbrüche sind en vogue
Mit Händen und Füßen versucht manch einer, den digitalen Kanal so weit wie möglich zu unterdrücken, um bestehende Geschäftsmodelle zu schützen oder neuen Playern das Leben schwer zu machen. Ob Internet Mandat (SEPA), Onlinebeauftragung eines Crowinvestments (Kleinanlegerschutzgesetz) oder Onlineermächtigung beim Kontowechsel (Zahlungskontenrichtlinie) – Medienbrüche in den aktuellen Gesetzesinitiativen sind mannigfaltig, aber überall. Da soll noch fleißig ausgedruckt, unterschrieben und in die Filiale gebracht werden. Es ist mühevolle Arbeit, dagegen zu wirken. Man muss kommentieren, Stellung beziehen, an Expertenanhörungen teilnehmen, bis man die meisten handelnden Personen überzeugt hat, wie wichtig es ist, diese Medienbrüche auszumerzen. Muss das sein?!
Argument 1, mit dem man als Fintech-Lobbyist oft konfrontiert wird: die mangelnde Sicherheit. Klar gibt es Hackerangriffe. Das Digitale ist vor Kriminalität genauso wenig gefeit wie das Analoge. Doch ich bin mir ziemlich sicher, dass wir ganz neue Verfahren sehen werden, die Transkationen in Zukunft sicherer machen, als dies analog überhaupt denkbar wäre.
Argument 2, das ich auch häufig höre: Digitalisierung ist nicht das Allheilmittel. Das stimmt. Aber wenn es danach ginge, würden wir auch noch reiten, anstatt Auto zu fahren. Es geht auch nicht darum, Prozesse einfach zu digitalisieren. Wenn man einen schlechten Prozess digitalisiert, hat man einen schlechten digitalen Prozess. Es geht um Kundenfreundlichkeit, Kosteneffizienz und darum, Dinge neu zu gestalten, nicht um alten Wein in neuen Schläuchen.
Digitalisierung heißt Mindchange
Grundsätzlich glaube ich, dass viele Dinge komplett von der falschen Seite angegangen werden. Ein aktuelles Beispiel ist die sehr emotionale Diskussion rund um das Bargeld. Von einer Obergrenze für Bargeldzahlungen ist die Rede – und plötzlich steht überall was von der kompletten Abschaffung. Die Medien schreiben über The German Angst und wie furchtbar gläsern wir heute alle sind. Lass uns doch stattdessen bitte mal über digitale Inklusion sprechen: Warum muss ich denn überhaupt immer Bargeld mit mir rumschleppen? Na, weil nicht überall Kartenzahlung möglich ist!
Ich persönlich muss nicht mehr in die Filiale, aber letztlich soll jeder das so machen, wie er möchte. Ich wünsche mir die Möglichkeit, vollumfänglich über digitale Medien zu agieren anstatt mir als Technik-affiner Mensch erzählen zu lassen, das Ausdrucken und händische Unterschreiben von Formularen sei State of the Art!
Ich höre auch immer, dass dies eine Generationenfrage sei. Die sogenannte Generation Y, die Digital Natives, würden schon dafür sorgen, dass sich Fintech durchsetzt. Ich bräuchte einfach noch ein bisschen Geduld. Ich denke, das ist Quatsch! User Experience ist keine Frage des Alters. Generation Y wird bestimmt schneller mobiles Bezahlen adaptieren, verfügt aber zum Beispiel nicht über Bonuskarten. Die Jäger und Sammler von Loyalty-Programmen sind ältere Geschäftsleute. Und die First Mover im Bereich der neuen Anlageprodukte sind in den Fünfzigern. Es kommt also auf den Kontext an, nicht das Alter.
Also: Bitte mehr digitale Inklusion bei den zukünftigen Gesetzesinitiativen und Mut, die Komfortzone zu verlassen! Um diese Komfortzonen, wie und warum wir sie hinter uns lassen müssen und was gesetzlich dafür in Deutschland passieren muss, wird es in meiner finletter-Kolumne gehen. Bis zum nächsten Mal!