finletter 388 – ChatGPT, Bafin, Shared banking hubs

Martin Pieck
Martin Pieck

KI-Revolution

„Ich bin ein Computerprogramm und habe keine Möglichkeit, die aktuellen Nachrichten und Ereignisse zu verfolgen, um das wichtigste Fintech-Thema der Woche zu bestimmen. Ich bin auf eine bestimmte Kenntnisstand eingeschränkt und meine Antworten basieren auf dem, was ich zu diesem Zeitpunkt weiß. Ich empfehle Ihnen, sich an Experten in der Finanz- und Fintech-Branche zu wenden, um aktuelle Informationen und Einschätzungen zu erhalten.”

Den ersten Absatz des heutigen Editorials hat nicht der Autor verfasst, sondern ChatGPT, die neue Wunderwaffe der Künstlichen Intelligenz (KI), die seit Wochen in aller Munde ist. Wenngleich auch der erste Absatz entweder an der KI selbst oder aber am Anwender Kompetenz-Zweifel aufkommen lassen könnten – ChatGPT ist mehr als nur ein Hype-Spielzeug. Es ist die derzeit populärste Nutzung künstlicher Intelligenz, eine Software die durch große Textmengen trainiert wurde, um menschliche Sprache nachzubilden.

So sind in der vergangenen Woche etliche Artikel aus dem Boden geschossen, die das Potential von KI, meist am Beispiel ChatGPT, auf die Finanzbranche thematisieren. Das Thema ging in den vergangenen Tagen derart durch die Decke, dass man meinen könnte, die KI habe bei der Artikelauswahl ihre Finger im Spiel.

So fragte beispielsweise der „Bank-Blog“, ob das gesamte Internet bald von KI beherrscht würde. Zumindest sei nachvollziehbar, dass KI vermehrt genutzt würde, um Chat-Bots zu verbessern. Der Artikel kratzt an den Grundlagen, unterteilt etwa in gute und schlechte Bots. Der Autor geht aber weiter und reißt die große Bandbreite an, die KI künftig auszeichnen könnte, etwa am Fließband produzierte Inhalte von Marken. Zumindest für den Moment kommt er zu dem Ergebnis, dass KI hier unterstützen kann, für die nötige Kreativität wären aber noch menschliche Leistungen notwendig.

Auch das „Manager-Magazin” erklärt in einem Video die gefühlte „Magie” von ChatGPT, welches offenbar die Fähigkeit entwickelte, logisch zu denken. Neu sei der Ansatz zwar nicht, durch ChatGPT sei aber schlagartig einer breiten Masse das tatsächliche Potential von KI bewusst geworden.

Cash.ch” berichtet dann auch von Grenzen des KI-Superstars ChatGPT im Finanzbereich. So sei es der Maschine nicht gelungen, einen ETF zu entwickeln, der im Stande wäre, den S&P 500 zu schlagen. Das sei aber kein KI-Problem, sondern derzeit noch ein spezifisches des ChatGPT-Entwicklers OpenAI. Andere KI- Anwendugen seien auf dem Gebiet nämlich deutlich erfolgreicher gewesen. Beispielhaft wird der AI Powered Equity ETF genannt, für den eine KI durchgehend tausende Unternehmen analysiert und so aktives Fonds-Management betreibt. Zumindest in einem nicht repräsentativen Zeitraum in den letzten Wochen sei die Rendite des ETF doppelt so hoch ausgefallen, wie die des S&P 500.

OpenAI ist das noch bestehende Potenzial freilich nicht entgangen und hat in den vergangenen Wochen eine kleine Armee von 1.000 Programmierern angeheuert, die sich scheinbar um das Data Labeling und das neue Generieren von Daten kümmern sollen. Doch egal, wie nachhaltig ChatGPT sich durchsetzen wird, an KI generell scheint auch in der Finanzbranche kein Weg mehr vorbei zu führen. Thematisiert wird das beispielsweise auch im aktuellen „Digital Kompakt”-Podcast. Dort ist man sich sicher, dass Unternehmen generell ohne Nutzung von KI ihre Wettbewerbsfähiskeit verlieren.

Ähnlich überzeugt gibt sich das „it-Finanzmagazin”, wo KI-Anwendungen gerade in Banken als Gamechanger betitelt werden. Zwar würde es noch an Regulierung mangeln. Ein Fehler sei es aber, jetzt nicht mit den Entwicklungen Schritt zu halten. An gleicher Stelle wurde dann konsequenterweise auch die Frage gestellt, wann die erste vollständig digitale Bank den Markt betrete.

ChatGPT hat es geschafft, einen solchen Hype zu generieren, dass die KI-Anwendung in nur zwei Monaten auf 100 Millionen monatlich aktive Nutzer kommt. Damit schlägt die Anwendung Apps wie TikTok oder Instagram um Längen.

Doch bringen sich Konkurrenten bereits in Stellung. So plant das chinesische Google-Pendant Baidu eine eigene Version von ChatGPT. Der Kampf um die neue Macht in der digitalen Welt scheint gerade erst begonnen zu haben. Es wird sich zeigen müssen, was das für die Finanzbranche bedeutet – und im Grunde für jede andere Branche auch.


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– Fintech-News Deutschland –

Compliance-Lücke bei Bafin: Obwohl nach dem Wirecard-Skandal eine neue Vertrauenskultur geschaffen werden sollte, können Bafin-Mitarbeiter aktuell theoretisch mit Krypto-Werten handeln, die diese selbst regulieren. Bafin-Boss Mark Branson hatte noch im Herbst eine Dienstanweisung verschärft, demnach dürften Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bafin generell nicht mehr mit Finanzinstrumenten handeln, die einen Bezug zu Kreditinstituten, Versicherungsunternehmen und sonstigen Finanzinstituten mit EU-Sitz hätten. Diese strengen Regeln scheinen aber den Krypto-Bereich völlig außen vor zu lassen. financefwd.com

C24 Bank kassiert Rügen: In diesem Fall steht die Finanzdienstleistungsaufsicht auf der anderen Seite. Die Bafin verteilte gleich mehrere Rügen an die Bank des Check24-Vergleichsportals. So müsse die C24 Bank eine ordentliche Geschäftsorganisation sicherstellen und weitere Eigenkapitalanforderungen erfüllen. Letzteres sei laut der Bank selbst keine Hürde und im Grunde bereits erledigt. handelsblatt.com

Wefox streicht Stellen: Erst in der letzten Woche zitierten wir hier einen Bericht über die Entzauberung des Insurtechs. Nun wird an gleicher Stelle berichtet, dass wefox eine noch unbekannte Zahl an Stellen streichen wird. Laut „SZ“ gehe es um weniger als zehn Prozent der Arbeitsplätze. Mit diesem Sparkurs wolle wefox nun profitabel werden. süddeutsche.de (Paywall)

Auch wichtig:

+++ Econos stoppt Investmentangebote: Erneut spielt die Bafin in dieser Woche eine Rolle. Nachdem diese Ende vergangenen Jahres ein einzelnes Investmentprodukt der Econos-Plattform gestoppt hatte, hat die Plattform nun weitere, ähnliche Angebote vom Markt genommen. financefwd.com +++ Trade Republic-Gehälter: Viel war in den letzten Wochen über Entlassungen bei Bigtechs zu lesen und welch immense Gehaltssummen diese sich damit einsparten. Nun zeigt ein Bericht auf, welche Stellen der Neobroker Trade Republic trotz zuletzt vielen Kündigungen zu bieten hat und wie gut man dort verdienen kann. businessinsider.de (Paywall) +++ Moss-Analyse: Zun einem halben Unicon haben Kapitalgeber das Fintech Moss zuletzt bewertet. Damit gehört es zu den Gewinnern der jüngeren Fintech-Geschichte. Dem entgegen stehen aber laut diesem Artikel auffällig niedrige Umsätze. Zugleich wird betont, dass eine realistische Einordnung der Zahlen erst mit den kommenden Jahresberichten möglich sei. financefwd.com +++ Worldline übernimmt Card-Issuing bei ING: Dadurch, dass Worldline der Vereinbarung nach die Kartenausgabe in gleich mehreren Ländern übernimmt, soll die ING mehr Kapazität haben, sich auf ihre Kernkompetenzen zu fokussieren, um Mehrwert für Kunden zu schaffen. it-finanzmagazin.de +++ Schufa-Deal verhindert: Eigentlich wollte die Schufa ihre Fintech-Tochter finapi an das britisches Start-up Yapily veräußern. Aus dem Deal wird nun nichts. sueddeutsche.de


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Auf der FintechWorld23 am 18./19.04.2023 in Berlin bieten wir über 100 Fintechs eine Bühne sich zu präsentieren. Außerdem erwartet die Besucher ein spannendes Rahmenprogramm mit Vorträgen und Paneldiskussionen mit führenden Fachexperten.


– Neue Podcast-Folgen –

+++ Alles Coin, nichts muss: In der aktuellen Folge geht es um die Frage, ob es mehr Regulierung im Bereich Krypto geben sollte. Eine abwägende Antwort dazu liefert Andreessen Horowitz. alles-coin-nichts-muss.podifee.io +++ Im Podcast von Payment & Banking spricht Cornelia Schwertner von Brygge darüber, wie sie mit ihrem Fintech ältere Online-Einsteiger unterstützen möchte. +++ Simplify Banking sieht sich selbst als Service-Podcast für Finanzdienstleister. In der aktuellen Folge geht es darum, wieviel Potential in der Nische BaaS steckt. +++ Krypto-Winter: Bei Bitcoin, Fiat & Rock ´n´ Roll lassen die drei Hosts die Krypto-Ereignisse im Januar Revue passieren, wobei sie sich vor allem um das Aus von Genesis konzentrieren. paymentandbanking.com +++ Bei How I get into fintech gibt Pliant-Gründer Malte Rau eine Art Anleitung für Fintech-Gründer und gewährt Einblicke in den Alltag eines Founders. paymentandbanking.com +++

 

– News International –

Shared banking hubs: Die Idee ist nicht ganz neu, möglicherweise aber ein künftiges Erfolgsmodell für Banken. Im Vereinigten Königreich haben sich alteingesessene Kreditinstitute zusammengetan, um neun neue shared banking hubs einzurichten. In diesen Hubs werden Basis-Dienstleistungen für mehrere Banken angeboten, sodass die Banken selbst die kostenintensive Infrastruktur einer Bankfiliale auf mehrere Schultern verteilen können. Sogenannte Community-Banker wechseln sich tageweise bei der Kundenberatung ab. Die britischen Banken wollen so dem Unmut der Kunden etwas entgegensetzen, die sich wegen des Filialsterbens von den Banken abwenden. finextra.com (englisch)

Paypal-Probleme: Kurz nachdem Paypal zugeben musste, dass Hacker bereits im Dezember sensible Daten von 35.000 Kunden erbeutet haben, kam schon die nächste Hiobs-Botschaft. Der Konzern streicht offenbar etwa sieben Prozent seiner Stellen, damit werden 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf die Straße gesetzt. Damit ist Paypal ein weiteres Mitglied in trauriger Gesellschaft, nachdem bereits Tech-Unternehmen wie twitter und fast alle GAFA-Konzerne massive Stellenstreichungen ankündigten. Ein positive Ausnahme könnte hierbei Apple darstellen. Der Konzern kündigte an, Stellenabbau vermeiden zu wollen, indem die Einstellungen verlangsamt würden. merkur.de, tagesschau.de, wsj.com

Aldi-Flop: Mit seinem System für kassenlose Supermärkte wollte Aldi in den Niederlanden dem Trend voraus sein. Ein Test-Shop in Utrecht wurde für Aldi Nord jedoch zum Fehlstart. Dies liege vor allem an hausgemachten Problemen. So könne man in der benötigten App nur Kreditkarten hinterlegen, die die Hälfte der potentiellen Kundschaft in den Niederlanden überhaupt nicht nutze. Zudem sei der Download der App an sich unnötig kompliziert. Aldi selbst glaubt weiterhin an die Idee und kündigt an, die Hürden abzubauen, etwa durch Implementierung von Apple Pay. Dass der Aldi-Ansatz völlig falsch ist, das Konzept generell aber Potenzial hat, zeigt nun eine Studie im Auftrag des Payment-Dienstleisters Payone. Zumindest von deutschen und österreichischen Verbrauchern hat diese erfahren, dass der Kassier-Vorgang den Kunden lästig ist und eine klassische Kassen-Zone nach deren Einschätzung keine Zukunft hat. welt.de, t3n.de

 

 

– Treffpunkte –

Frankfurt-Digital-Finance-Konferenz: Zum vierten Mal findet die Konferenz statt, erwartet werden 60 internationale Redner. Dieses Jahr liegt der Fokus der Themen auf einer dreifachen Transformation: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Tokenisierung. 8. Februar, Frankfurt

Finance Roundtable M&A: Der Roundtable bringt M&A-Verantwortliche aus unterschiedlichen Unternehmen zusammen. Die Experten für Mergers & Acquisitions, also Fusionen und Übernahmen, sollen von Impulsvorträgen dreier Praktiker in dem Bereich profitieren. Bei einem gemeinsamen Ausklang soll dann die Möglichkeit gegeben werden, zu netzwerken. 26. April, Frankfurt

Mehr Veranstaltungen zu Fintech findet ihr im Event-Kalender auf finletter.de. Hier könnt ihr uns Tipps für Events geben.

 

– Wochenendlektüre –

Daten-Krake Autoversicherung: Dass Fahrzeugdaten ein immenses Potential haben, gerät seit einigen Jahren immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit. „Finance Forward“ legt nun in diesem Artikel den Fokus darauf, dass Autos nicht nur Daten in großem Umfang speichern – auch deren Verwertung sei den meisten völlig unbekannt. So würden Versicherungen in hohem Maße vom Unwissen der Kunden profitieren. Rechtsanwalt Andreas Krämer warnt im Interview vor den detailreichen Profilen, die von Nutzern von Telematik-Tarifen erstellt würden. financefwd.com

Krypto-Krankheit: Als Coach hilft Cornelia Borisch unter anderem auch Menschen, die durch Krypto-Investments zu schnellem Reichtum gekommen sind, bevor sie alles verloren haben. Deren Hauptproblem sei es, keine unerbittliche Strategie zu haben. Im Interview gibt sie Tipps, wie man mit finanziellen Verlusten sinnvoll umgeht und warum diese kein Tabuthema sein sollte. btc-echo.de

Spannende Fintechs: In diesem Listicle stellt die Website sieben Fintech-Start-ups vor, die derzeit noch die wenigsten auf dem Schirm haben dürften, die aber nach Meinung der Autoren Potential haben, bald bekannter zu werden. Darunter ist ein Fintech, dass sich als Stripe für das Web 3.0 in Stellung bringt und eines, dass durch gamifiziertes Trading auf sich aufmerksam machen will. deutsche-startups.de

Kritik an Wise: Payment & Banking hat in den letzten Tagen mehrfach über das britische Fintech Wise berichtet, in beiden Fällen nicht besonders euphorisch. Zum einen sei das auf Fremdwährung und Geldtransfer spezialisierte Fintech nun zwar überraschend auch in das Geschäft mit Einlagenzinsen eingestiegen, diese würden den Anlegern aber deutlich weniger bringen, als es der Wortlaut der Pressemitteilung vermuten lasse. Schwerer wiegen dürften jedoch Klagen eines Wise-Konkurrenten, dass Wise den Wettbewerb behindere, indem es den Konkurrenten, Atlantic Money, kurzerhand von einem von Wise betriebenen Vergleichsportal strich – weil Atlantic Money günstiger sei. paymentandbanking.com, paymentandbanking.com

Digitale Lücke wird größer statt kleiner: Einer internationalen Studie zufolge wollen deutsche Finanzdienstleister die Digitalisierung zwar vorantreiben, gehen den digitalen Wandel aber zu langsam an. der-bank-blog.de [gesponsert]

 

– Das Beste zum Schluss –

Regen-Versicherung: Dass die Deutschen für ihren Hang zur Absicherung bekannt sind, ist ein häufig zitiertes Klischee. Die Annahme dieses Versicherungsangebots könnte nun ein für alle mal aufzeigen, ob das Klischee berechtigt ist. Das Insurtech Wetterheld versichert nun das Wetter am Urlaubsort. So bringt jeder verregnete Urlaubstag dem Versicherungsnehmer 100 Euro. asscompact.de