Martina Palte, Vorstandsmitglied comdirect bank AG
Die bisherige Entwicklung der Fintech-Szene lässt sich in zwei Kapitel unterteilen: 2015 und 2016 gab es die Sturm-und-Drang-Phase mit vielen Neugründungen. 2016 und 2017 folgte die Investitionsphase, in der Jungunternehmen mehr und mehr Wagniskapital einsammelten. Derzeit stehen wir am Beginn der nächsten Phase: die der Konsolidierung. Aus den Start-ups werden etablierte Finanz-Unternehmen, die sich im Bankenverband engagieren, an die Börse gehen und andere Fintechs übernehmen. In 2018 wird sich diese Entwicklung fortsetzen. Und das ist auch gut so. Denn die Konkurrenz durch branchenfremde Anbieter, etwa aus Asien und den USA, drängt zunehmend in den (deutschen) Markt für Finanzdienstleistungen. Darauf sollten sich Banken und Fintechs gemeinsam einstellen.
Tobias Baumgarten, Fintech-Trendblogger aboutfintech.de
2018 wird das Jahr, in dem die Fintech-Szene erwachsen wird. Was vor wenigen Jahren als Gewusel nerdig-charmanter Start-ups begonnen hat, wird sich vollends professionalisieren. Eine hippe Idee, zwei Programmierer und ein UX-Designer werden nicht mehr reichen.
Stattdessen braucht es Regulatorik-Spezialisten und Business Development, denn ohne Bafin-Lizenz und Geschäftsmodell wird man keine Finanzierungsrunde mehr bekommen. Auch, weil die Aufseher aus ihrem Dornröschenschlaf erwacht sind. Wir werden eine Konsolidierung erleben und mehr als zwei bis drei Anbieter je Nische werden nicht überleben.
Miriam Wohlfarth, Gründerin und Geschäftsführerin Ratepay
Ich rechne mit mehr großen Finanzierungen à la Kreditech und mit großen Mergern, siehe die Übernahme von Worldpay 2017. Ich könnte mir vorstellen, dass einige europäische Player an die Börse gehen und dadurch noch mal deutlich an Marktmacht gewinnen. Ein heißer Kandidat ist in meinen Augen Adyen. Generell vermute ich, dass sich in 2018 ein wenig die Spreu vom Weizen trennt, auch angetrieben durch die Regulatorik. PSD2 und die Datenschutzgrundverordnung werden dafür sorgen, dass einige Unternehmen abtreten müssen, die keine Lizenzen oder keine echte Berechtigung haben. Parallel werden neue Firmen entstehen, die neue Services z.B. rund um das Bankkonto anbieten. Die Zusammenarbeit zwischen Fintechs und Banken wird enger werden. Ich denke, dass 2018 Unternehmen das Rennen machen, die ihre Daten am besten sortieren und analysieren – Stichwort AI – und die über eine Schnittstelle zum Kunden verfügen.
Hartmut Giesen, Business Development Manager, Sutor Bank
Eine der spannendsten Fintech-Fragen bleibt, welches Unternehmen die Bankenplattform im engeren Plattform-ökonomischen Sinne bauen wird; also eine „Asset-lose“ Bank, die Konsumenten mit Produzenten verbindet, die zwar Finanzprodukte anbieten, aber nicht selbst Banken sein müssen. Traditionelle Banken sind eher nicht die Kandidaten dafür. Die Vergleichsportale sind hierfür in der besten Ausgangsposition. Sie haben bereits die Kunden und die Produzenten an Bord, die für eine Plattform benötigt werden. Schon heute übernehmen sie für die Anbieter auf den Vergleichsplattformen Teilprozesse der Leistungserstellung, etwa das Onboarding und Scoring von Kunden. Mit einer eigenen Banklizenz, die auch Produzenten ohne eigene Banklizenz nutzen können, könnte das Plattform-Ökosystem im neuen Jahr wesentlich erweitert werden. Hier lesen Sie den kompletten Jahresausblick von Hartmut Giesen.
Christine Kiefer, Gründerin Fintech Ladies
In 2018 werde ich drei Entwicklungen ganz besonders verfolgen: den Markt der Robo-Advisor, die Factoring-Anbieter, und Kryptowährung. Mittlerweile zählen wir 41 Robo Advisor in Deutschland. Generell gilt: Erst ab etwa drei Milliarden Euro AuM wird ein Robo profitabel. In 2018 werden wir die ersten Robo-Übernahmen und weitere Insolvenzen sehen. Ähnlich sehe ich den Markt der Factoring-Anbieter: Hier gingen 2017 viele junge Firmen an den Start, die sich in ihrem Geschäftsmodell nur wenig unterschieden. Wer hat das beste Team, die besseren Finanzierungspartner? 2018 wird es zeigen. Allenthalben wird über die Kryptoblase geschrieben. Ich bin den Vergleich mit Tulpen leid – schließlich geht es hier nicht um ein Luxusgut, sondern eine bahnbrechende neue Technologie. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir keine Korrektur sehen und die Altcoins weiter ungehemmt steigen.