Kryptobörse FTX nach Binance-Kaufabsage vor der Pleite
Für Außenstehende ist es ein in Live-Tickern miterlebbarer Wirtschaftskrimi. Für Nutzer:innen der Kryptobörse FTX, Investoren und alle, die auf eine Stabilisierung des Marktes für Kryptowährungen hoffen, ein einziges Desaster. Was zunächst nach einer Fehde zwischen zwei Konkurrenten aussah, hat sich jedenfalls zu einem erneuten Groß-Crash entwickelt, mit Milliardenverlusten und weiterem immensen Vertrauensverlust in einen ganzen Finanzbereich.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht neben FTX-Chef Sam Bankman-Fried der Binance-CEO Changpang Zhao. Binance ist heute die Nummer eins der Kryptobörsen, FTX konkurrierte lange um diesen Platz an der Sonne und fand besonders unter Prominenten Anhänger, Investoren und Testimonials, zum Beispiel in Football-Star Tom Brady und US-Basketballspieler Stephen Curry. Nicht zu vergessen: Zhao und Binance hatten durch den Verkauf von FTT, den Token der FTX-Kryptobörse, in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar einen sogenannten Bank-Run ausgelöst. Zahlreiche Anleger folgten dabei dem Beispiel und trennten sich ebenfalls von ihren FTT. Auch das war ein Grund für die wachsende Schieflage von FTX, denen nach aktuellen Meldungen bis zu acht Milliarden US-Dollar fehlen. Den eigenen Nutzer:innen rät FTX derzeit dringend von Einzahlungen ab und weist auf Probleme bei Auszahlungen hin.
Ob Zhao nun durch den umfangreichen FTT-Verkauf den anschließenden Ausverkauf wissentlich befördert hat, um dann im Laufe dieser Woche eine Übernahme von FTX zu ermöglichen, ist nun die eine schwerwiegende Frage. Entscheidender scheint aber, was die mit der Übernahme verbundene Due Dilligence ans Licht brachte. So soll FTX-Gründer und CEO Sam Bankman-Fried Unternehemensgelder in Höhe von vier Milliarden US-Dollar an sein Trading-Unternehmen Alameda Research überwiesen haben, um dort eine Pleite zu verhindern. Darunter sollen sogar Kundeneinlagen gewesen sein. Das soll am Ende auch der Grund für den Rückzug von Binance gewesen sein.
In einem Tweet hat Bankman-Fried nun bekannt: „I’m sorry. That’s the biggest thing. I fucked up, and should have done better.“ Ehrliche Worte, die aber mal wieder niemandem der Geschädigten helfen, sondern vielmehr die Frage aufwerfen: Ist das noch seriöses Finanzgeschäft mit neuen technologischen Mitteln – oder nutzen die Krypto-Milliardäre ein auf Finanztechnologie basierendes System für Großmannssucht und Wildwest-Kapriolen aus? Spätestens nach dieser neuen Krypto-Crash-Episode dürfte jedenfalls die Kritik an einer noch strengeren Regulierung des Kryptomarktes – zumindest vorübergehend – sehr leise werden.
t3n.de, bankstil.de (hinter Paywall), btc-echo.de (News-Ticker), twitter.com (der Sorry-Tweet), linkedin.com (SBF vs. Zhao – die Entstehung), manager-magazin.de (SBF im Porträt, hinter Paywall), faz.net
In eigener Sache
Es gibt immer mehr nachhaltige Fintech-Unternehmen in Deutschland. Um diese sichtbar zu machen, haben wir von finletter gemeinsam mit unseren Partnern gi Geldinstitute und IT Finanzmagazin den Sustainable Fintech Monitor gestartet. Haben wir ein nachhaltiges Fintech vergessen? Tragt euer Unternehmen ein oder schickt uns eine Nachricht.
– Fintech-News Deutschland –
Fidor Bank soll bis 2024 liquidiert werden: Wie zunächst Finanz-Szene exklusiv berichtete, zieht der hinter Fidor stehende französische Mutterkonzern BPCE den Stecker. Schluss soll spätestens Mitte 2024 sein, das Neukundengeschäft wird sofort eingestellt. Die Tendenz ging schon länger in diese Richtung, nun soll ein gescheiterter Verkauf an den US-Finanzinvestor Ripplewood den Ausschlag für das Aus gegeben haben. finanz-szene.de, boersen-zeitung.de
Coinbase im Bafin-Visier: Mit einer „Anordnung zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation“ ist die Bafin bereits am 27. September an die Kryptobörse Coinbase herangetreten. Es geht dabei um eine Reihe Probleme, unter anderem solle ein angemessenes Risikomanagement nachgewiesen werden. Auf Anfrage von Finance Forward stellte das Fintech nun klar, bereits an der Umsetzung diverser Maßnahmen zu arbeiten. financefwd.com, bafin.de
Taxfix wächst schwächer als erwartet: Die Umsatzzahlen des Berliner Fintechs für 2021 liegen deutlich unter den erklärten Zielen. In absoluten Zahlen wurden im vergangenen Jahr 22 Millionen Euro Umsatz und 43 Millionen Euro Verlust gemacht. Der in diesem Jahr zum Einhorn aufgestiegene Anbieter einer App für die schnelle und einfache Einkommensteuererklärung plant für das aktuelle Geschäftsjahr 2022 mit einem Umsatzwachstum von 100 bis 150 Prozent. businessinsider.de
Auch wichtig:
+++ Online-Händler, die die Plattform von Ecommerce One nutzen, können ab sofort die digitale Sofortfinanzierung des Fintechs Banxware nutzen. Mehr zu der Kooperation gibt es hier: presseportal.de +++ Zuletzt machte die mit dem Thema Nachhaltigkeit punktende Hamburger Neobank Tomorrow durch einen Aufruf zu einer neuen Crowdfunding-Runde auf sich aufmerksam. Aus diesem Zusammenhang hat Finance Forward interessante Zahlen entnommen, die auf stark steigende Erträge des Sustainability-Fintechs hinweisen. +++ Das Berliner Female-Finance-Fintech Vitamin erweitert seine Funktionspalette. Ab sofort können die Nutzerinnen mit einem neuen Investmenttool in nachhaltige ETFs investieren. Zudem wurde eine kostenfreie Content-Masterclass gelauncht. Zur Pressemitteilung +++ Das Fintech Holvi bietet einen Online-Banking-Service für kleine Unternehmen. Diese können ab sofort virtuelle Debitkarten nutzen. So sollen mehr Transparenz und eine bessere Kontrolle über die Unternehmensausgaben erreicht werden. +++ Das Frankfurter Fintech Creditshelf darf sich über eine Refinanzierungsfazilität in Höhe von 100 Millionen Euro durch die US-Investmentbank Goldman Sachs freuen. Mit dem Geld soll die Wachstumsstrategie der Mittelstands-Kreditplattform befördert werden. faz.net +++
– Neue Finanzierungsrunden –
+++ 5 Millionen Euro zum Start von Atlar: Ehemalige Tink-Mitarbeiter haben namhafte Investoren für den Start eines Fintechs, das Lösungen für Zahlungsausgänge bietet, gewonnen. An der Seed-Runde beteiligen sich unter anderem Index Ventures, La Famiglia VC, Cocoa sowie Business Angels, unter ihnen auch Revolut-CFO Mikko Salovaara, Thijn Lamers, ehemals Adyen, und N26-CFO Jan Kemper. paymentandbanking.com +++ Mit rund 1 Million Euro steigt Picus Capital über eine Seed-Finanzierung beim frisch gestarteten Getpaid ein. Das Fintech mit Sitz in Deutschland und Spanien will den Angriff auf Stripe wagen und als neuer Zahlungsanbieter für Plattformen und Marktplätze ins Rennen gehen. financefwd.com +++ Das Krypto-Payments-Fintech Ramp hat 70 Millionen US-Dollar in einer Serie-B-Finanzierung erhalten. Angeführt wurde die Runde von Mubadala Capital und Korelya Capital. Auch Cogito Capital und der frühere Hauptinvestor Balderton Capital beteiligten sich. theblock.co +++
– Neu auf finletter.de –
Wie steht’s um die Relevanz der Fintechs? Neukunden gewinnen, Bestandskunden binden und gleichzeitig im Wettbewerbsumfeld mit neuen Mitbewerbern um die Vorreiterschaft ringen: Das sind zentrale Herausforderungen von Fintechs. Eine neuartige, KI- und Big-Data-basierte Studie zeigt, welche Marken-Aspekte für mehr Relevanz im Leben der der (potentiellen) Kundinnen und Kunden sorgen. Ein Gastbeitrag auf finletter.de.
– Neue Podcast-Folgen –
+++ In der aktuellen Folge von Alles legal! Fintech-Recht kompakt erläutert Peter Frey von PayTechLaw, warum nach der PSD2 die PSD3 konkrete Formen annimmt und was sie bewirken soll. +++ Bei FinanceFWD war diese Woche Bezahl.de-Gründer Lasse Diener zu Gast. Im Gespräch mit Host Caspar Schlenk spricht der Gründer über den komplexen Markt der Autohändler – und wie er aus seiner Payment-Lösung ein erfolgreiches Geschäft machen will. financefwd.podigee.io +++ Im Podcast Equalizer – Von und für Gründerinnen spricht Dörte Hirschberg darüber, wie sie eine der noch immer raren weiblichen General Partner eines Impact VCs wurde. equalizer.podigee.io +++ Die aktuelle Folge von Alles Coin Nichts Muss wurde noch vor der vollen Entfaltung der Binance vs. FTX Story aufgenommen. Thematisch kommt daher ein spannender Mix: Sorare goes Qatar, Elon pusht Dogecoin, Alpha mit Blur.io und NFTs shorten. +++ Branchentalk unter sechs Augen und das auch noch mit dem im Visual zum Newsletter-König gekrönten Heinz-Roger Dohms. Der Gründer von Finanz-Szene spricht mit André Bajorat und Jochen Siegert über die Lage am Fintech-Markt. paymentandbanking.com +++
Der Ticket-Vorverkauf für den Fintech Germany Award im Allianz Forum in Berlin am 7. Dezember 2022 hat begonnen. Also lieber schnell sein und jetzt hier einen Platz sichern.
– News International –
Mastercard partnert mit Treezor: In Frankreich und Europa werden der Kreditkarten-Riese und der französische Marktführer im Bereich Banking-as-a-Service zukünftig technologisch und kommerziell noch enger zusammenarbeiten. Dazu gehören nun auch die Verarbeitung von Kartentransaktionen und die Nutzung des Card Management Systems. Durch die Nutzung der Mastercard Processing Platform (MPTS) kann Treezor zum Beispiel Kartenzahlungen in Fremdwährungen optimieren. Zu den Treezor-Kunden zählen aktuell 40 Neobanken und Fintechs. it-finanzmagazin.de, treezor.com
Revolut will Hypothekenmarkt angreifen: Nach der kürzlich vorgestellten Chatfunktion für seine 20 Millionen Nutzer:innen und dem Start des Funktionspakets Revolut Pro plant das britische Fintech-Einhorn offensichtlich einen weiteren Schritt auf dem Weg zur Fintech-Super-App. Revolut-CEO Nik Storonsky sieht den Markt mit Immobilienfinanzierungen jedenfalls reif für ein digitales Update, da die Prozesse rund um Hypotheken noch immer zu lange dauern würden. Hypotheken seien bei Revolut aktuell „in Arbeit“. altfi.com
Quona Capital mit 332 Millionen US-Dollar an Kapitalzusagen: Der Risikokapitalgeber konnte damit über seinen Fonds III in Fintech-Unternehmen in Lateinamerika, Indien, Südostasien, Afrika und den Nahen Osten investieren. Zumindest in Schwellenländern scheint das Interesse von VCs an Fintech-Start-ups also nach wir vor da zu sein. techcrunch.com
Stripe streicht 1.100 Stellen: Die Fintech-Entlassungswelle rollt weiter. Beim Zahlungsdienstleister Stripe verkündete CEO Patrick Collison bereits Ende letzter Woche, 14 Prozent der Belegschaft kündigen zu müssen. Neben der aktuell schwierigen Marktlage aus Inflation, Energiekrise, höheren Zinssätzen sowie niedrigeren Investitionen und Startup-Finanzierungen, räumte er dabei auch eigene Fehler ein. So habe man das Wachstum der Internetwirtschaft für 2022 und 2023 zu optimistisch eingeschätzt. t3n.de, handelsblatt.com
– Über den Tellerrand: Tech-Giant-News für die Finanzbranche –
Amazon setzt auf Paypals Bezahl-App Venmo: US-Kund:innen des Online-Markplatzes und Bigtechs Amazon können pünktlich zur anstehenden Rabbattschlacht am Black Friday eine neue Bezahlfunktion nutzen. Durch die Integration der Venmo-App, die zur Paypal Holding gehört, werden auf Amazon unter anderem Echtzeit-Überweisungen möglich. Beinahe zeitgleich verkündete Paypal zudem eine Kooperation mit Apple: Mit iPhones wird es bald möglich, über die Paypal- und Venmo-App bei teilnehmenden US-Händlern die Funktion „Tap To Pay“ zu nutzen. finanzen.net, it-times.de, linkedin.com
Musk hat Fintech-Pläne für Twitter: Ist Twitter ein Tech-Giant? Auf jeden Fall bleibt die Plattform auch nach der Übernahme durch Elon Musk relevant für seine Nutzer:innen, die Medien und trotzt Irritationen auch für Werbekunden. Dass Musk Ideen hat, Twitter zur Super-App auszubauen, hatte er selbst verkündet. Zumindest für Fintech-relevante Zahlungsfunktionen wurde er jetzt konkreter. financefwd.com, finextra.com
– Treffpunkte –
Digital Euro Summit: Beim zweiten virtuellen Digital Euro Summit tauchen die Teilnehmenden in die dringendsten Debatten rund um den digitalen Euro, Krypto und die Zukunft des Geldes ein. Dabei findet ein Austausch mit und zwischen hochrangigen Akteuren aus dem Banken- und Kryptosektor, politischen Institutionen, Start-ups und der Wissenschaft statt. 15. November, virtuell
CryptX: An der Schnittstelle zwischen Krypto und Finanzbranche hat Payment & Banking 2021 die CryptX aus der Taufe gehoben, die nun in die nächste Runde geht. 18. November, Offenbach
Symbioticon: Der Sparkassen Innovation Hub bringt seine „Fusion aus Hackathon der Sparkassen, Tech-Festival und Networking-Event“ endlich auch wieder live auf die Bühne. Motto ist dieses Jahr #EndlessEndeavour, das Event ist hybrid geplant. 22.–23. November, Frankfurt am Main.
Neosfer Jahresrückblick: Was hat 2022 bewegt und was bringt 2023? Beim großen Neosfer Jahresrückblick 2022 wird gemeinsam mit Expert:innen aus den Bereichen Fintech und Banking, Venture Capital, Tech (Web3, DeFi, AI und weitere) und Sustainability zurück geschaut. 6. Dezember, Frankfurt am Main
Mehr Veranstaltungen zu Fintech findet ihr im Event-Kalender auf finletter.de. Hier könnt ihr uns Tipps für Events geben.
– Wochenendlektüre –
Digital Banking Maturity Studie 2022: Unter diesem klangvollen Namen hat die Unternehmensberatung Deloitte bzw. deren Sparte Deloitte Digital auch in diesem Jahr den digitalen Reifegrad von Banken umfassend analysiert. Dabei wurden mehr als 300 Banken in über 40 Ländern untersucht. Die wichtigsten Erkenntnisse: Der Wettbewerbsdruck nimmt im digitalen Sektor erheblich zu und deutsche Banken reagieren noch immer unzureichend auf gestiegene Kundenerwartungen. deloitte.com
Studie zu Impact Investing: Das Volumen in diesem Investemntbereich liegt mit fast 39 Milliarden Euro deutlich über den Ergebnissen früherer Studien. Das ist das Ergebnis der Marktstudie „Impact Investing in Deutschland 2022“ der Bundesinitiative Impact Investing. Mit dieser Wochenendlektüre bekommt man einen detaillierten Überblick über den deutschen Markt rund um Investements in Bereiche wie Umwelt, Energie und Gesundheit. zebramagazin.de
Aktuelles Whitepaper: Payments Trends – die Zukunft beginnt jetzt! Die Entwicklungen sind rasant und werden den Status quo im Zahlungsverkehr verändern. Wir zeigen Ihnen die acht wichtigsten Payments Trends, die Sie nicht verpassen sollten. banking.vision/payments-trends-whitepaper-2022 [gesponsert]
– Das Beste zum Schluss –
Bitcoin-Milliarden in Popcorn-Dose: Bereits vor zehn Jahren wurde die kriminelle Darknet-Plattform Silk Road gehackt. Die Beute haben die US-Behörden nun endlich im Haus des Beschuldigten James Zhong entdeckt. Die Zugänge zu den 50.676 Bitcoins lagerten auf verschiedenen Speichermedien verteilt – unter anderem in einem Fußboden-Safe und in einer Popcorn-Dose. Wer lang genug sucht… futurezone.at