finletter 375 – Leonteq, N26, mBank

Martin Pieck
Martin Pieck

Leonteq unter Beschuss

Es waren zunächst vor allem die Schweizer Medien, die diese Woche recht unverhohlen einen Verdacht äußerten, immerhin geht es beim Protagonisten, dem Fintech Leonteq, um ein Unternehmen aus der Alpenrepublik. Dennoch gibt es starke Parallelen zum deutschen Wirecard-Skandal, der ebenfalls mit einem Verdacht begann.

Diesmal geht es zunächst zwar nicht um vorsätzliche Täuschung in dem Sinne. Wohl aber wird Leonteq vorgeworfen, durch unzureichende Sicherheitsstandards Steuerhinterziehung Tür und Tor zu öffnen. Für die „Neue Zürcher Zeitung” sind die Vorwürfe gegen Leonteq ganz erheblich. Konkret soll es darum gehen, dass französische Brokerfirmen beim Verkauf von Leonteq-Produkten zumindest Steuern hinterziehen, wenn nicht sogar Geldwäsche betreiben konnten.

Die Vorwürfe gehen auf Whistleblower zurück und erhalten zusätzliche Brisanz durch die Tatsache, dass Dan McCrum maßgeblich an den journalistischen Anschuldigungen gegen Leonteq beteiligt ist. Bereits einmal wurden dessen Vorwürfe teilweise als falsch abgetan – damals ging es mit Wirecard um den größten Fintech-Betrug der jüngeren Vergangenheit. McCrum sollte am Ende Recht behalten, Wirecard ging unter.
Soweit ist es mit Leonteq freilich nicht. Einen Kursschock gab es trotzdem, nach Bekanntwerden der Vorwürfe rutschte die Leonteq-Aktie um ein Fünftel.
Als völlig haltlos bezeichnen die Verantwortlichen bei Leonteq selbst die aufgebrachten Unterstellungen.

Tatsächlich ist die Beweislage noch unklar. Unabhängig vom Ausgang dieser Sache, fördert die Recherche aber wohl Praktiken bei Leonteq zutage, die von der „Financiel Times“ als „Kultur der Regelverletzung” bezeichnet werden. Leonteq selbst gibt dagegen an, es könne nicht für Verstöße gegen die Vertriebsvereinbarung von Dritten verantwortlich gemacht werden.

Wie um der Parallelität der Fälle gerecht zu werden, kritisieren die Journalisten der „Financial Times” jedoch nicht nur Leonteq selbst, sondern, wie damals bei Wirecard, auch die Prüfgesellschaft EY, die den Sachverhalt nur oberflächlich behandelt habe.

Ob die FT wieder einen dicken Fisch an der Angel hat oder diesmal über das Ziel hinaus schießt, ist offen. Den Fokus der Finanzwelt hat Leonteq nach dem Aufreger-Artikel in jedem Fall gewiss.

nzz.ch, finews.ch, cash.ch, ft.com (Paywall)


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– Fintech-News Deutschland –

N26 steigert Ertrag und Verlust: Jede PR ist besser als keine PR. Glaubt man diesem Spruch, dürften bei N26 derzeit wieder mal die Korken knallen. Immerhin hatten die vielen Nachrichten in dieser Woche durchaus auch Positives zu berichten, nämlich dass die Smartphone-Bank trotz harter Bafin-Auflagen mit einem Umsatzplus von über 50 Prozent im vergangenen Jahr ordentlich gewachsen ist. Gewachsen ist im Vorjahresvergleich aber auch der Verlust – anders als von N26 selbst in Prognosen erwartet. Möglicherweise ist das aber nur ein kleiner Wermutstropfen, der hohe Verlust ist immerhin teilweise auch auf hohe PR-Ausgaben zurückzuführen. it-finanzmagazin.de, financefwd.com

Pair Finance-Exit: Das Berliner Fintech Pair Finance wird zu etwa 60 Prozent von einem Private-Equity-Unternehmen aus Großbritannien übernommen. Pro Prozent ließ sich Pollen Strret Capital den Deal eine Millionen Euro kosten. Pair Finance ist spezialisiert auf digitales Inkasso und bislang im DACH-Raum aktiv. Künftig will sich das Unternehmen auch in den Benelux-Bereich und nach Frankreich ausdehnen. businessinsider.de, handelsblatt.com

Aifinyo mit Flatrate-Novum: Das Fintech mit Sitz in Dresden und Berlin führt nach eigenen Angaben die erste Flatrate für Auslandsüberweisungen im B2B-Bereich ein. Damit will das Unternehmen vor allem den KMU unter seinen Kunden auch bei Zahlungen außerhalb des SEPA-Raums unter die Arme greifen. wallstreet-online.de

Auch wichtig:

+++ Munich Re kauft Apinity: Apinity ist ein Münchener Insurtech, dass als Geschäftsbereich des Allianz-Inkubators begonnen hat und digitale Schnittstellen skaliert, verwaltet und monetarisiert. munich-startup.de +++ Fabit kooperiert mit Schufa: Das Fintech Fabit kooperiert künftig mit der Auskunftei Schufa. Fabit will als digitaler Coach Finanzgewohnheiten seiner Kunden dauerhaft ändern, die neue Zusammenarbeit soll den Kunden vor allem in den Bereichen Kredite, Bonität und Scoring zu Gute kommen. paymantandbanking.com +++ Unser Schwestermagazin Zebra berichtet über die Arbeitsschwerpunkte des Sustainable Finance-Beirats der Bundesregierung. zebramagazin.de +++ Deutsche Bank und Fiserv bringen Mobile-Payment-Lösung Vert. it-finanzmagazin.de +++ Request to pay ist bald ein Must have, wenn es nach der im Artikel zitierten Studie geht. der-bank-blog.de +++

 

Neue Finanzierungsrunden

+++ Neon sammelt Geld: Bereits letztes Jahr im Sommer fünf Millionen Schweizer Franken via Crowdfunding ein. Die gleiche Summe erhofft sich das Start-up auch in einer aktuellen Crowd-Finanzierung. crowdinvesting.neon-free.ch +++ 20 Millionen für Mondu: Das Berliner BNPL-Fintech erhält den Betrag über ein Darlehen und möchte so die internationale Expansion vorantreiben. gruenderszene.de +++

 

– Neue Podcast-Folgen –

+++ Ist Bitcoin eine richtige Währung? Dieser Frage geht der durch die bank- Podcast nach. bv-events.de +++ Der Podcast von Payment Banking erläutert in der aktuellen Ausgabe, wie KI funktioniert. paymentandbanking.podigee.io +++ Im Digital Dump -Podcast spricht Christine Kiefer unter anderem über ihren Weg zur Gründerin der Fintech Ladies. deutscherpresseindex.de +++ Verena Pausder ist zu Gast im Podcast She speaks Finance und erklärt den Moderatorinnen, wieso sie gerne die Antreiberin ist. +++ Bei Finanz-Szene bezieht Rolf Elgeti unter anderem Stellung zur Berichterstattung über ihn. +++

 

– News International –

Mbank droht Geldstrafe: Die Commerzbank-Tochter Mbank gehört zu den 14 polnischen Kreditinstituten, die einem Urteil des EUGH entgegenfiebern dürften. Insgesamt stehen im schlimmsten Fall laut Schätzungen der polnischen Finanzaufsicht rund 20 Milliarden Euro Strafe an, die auf die Institute verteilt würde. finanzbusiness.de

Weiterhin starke Fintech-Fundings:
Investitionen in Fintechs sind stark zurückgegangen. Das ist eine mögliche Lesart. Nur noch 3,2 Milliarden Euro wurden im dritten Quartal dieses Jahres investiert, fast zwei Milliarden weniger als im Vorjahreszeitraum. Zieht man das Betrachtungsfenster jedoch weiter, steht unter dem Strich laut „Finance Forward” eine Überraschung, immerhin ist der letzte Wert immer noch ordentlich. Auffällig sei vor allem, dass die Einzel-Fundings im Schnitt kleiner wurden, aber sogar mehr Fintechs finanziert wurden, als im Vergleichszeitraum. Der Artikel lässt aber auch keine Zweifel daran, dass auch andere Kenngrößen Hinweise darauf geben, dass es der Branche schon deutlich besser ging. financefwd.com

Binance-Hack: Weit über eine halbe Milliarde Dollar haben Kriminelle über eine Software-Schnittstelle der größten Krypto-Börse der Welt erbeutet. Der Angriff verlief über eine technische Brücke. Auf solch einer Bridge ist der Tausch unterschiedlicher Internet-Währungen möglich. Laut Binance konnte ein großer Teil des zunächst erbeuteten Geldes zwar gerettet werden, rund 100 Millionen Dollar seien hingegen verschwunden. Ein weiterer Schlag für die ohnehin umstrittene Plattform. Als Reaktion auf den Hack führt Binance nun wohl eine Hard Fork durch, demnach müssten alle Teilnehmer des Netzwerks ihre Software aktualisieren, sodass eine neue Blockchain entsteht. manager-magazin.de, btc-echo.de

 

Über den Tellerrand: Tech-Giant-News für die Finanzbranche

Google Cloud will Krypto akzeptieren: Bessere Nachrichten als Binance kann eine weitere Krypto-Börse vermelden. Mit Coinbase als Partner will Google ab dem kommenden Jahr Kryptowährungen als Zahlungsalternative anbieten. Laut Google selbst soll die neue Kooperation Innovationen im Web3.0 fördern. btc-echo.de

 

– Treffpunkte –

Fintech Forum: „What’s next in European Fintech?” Bei der nächsten Auflage des Events versprechen die Organisatoren Antworten auf diese Frage. Aus diversen Segmenten, wie Payment, Insurance oder Asset Management, sollen Investoren Ausblicke in das kommende Jahr geben. 24. November, Frankfurt

Frankfurt Digital Finance: Laut Beschreibung der Veranstalter ist die FDF vor allem ein großes Netzwerktreffen, bei dem Player aus der Finanz-Szene, Wissenschaftler und Politiker zueinander finden, um Ideen auszutauschen und Kooperationen aktiv zu fördern. 8. Februar 2023, Frankfurt

Mehr Veranstaltungen zu Fintech findet ihr im Event-Kalender auf finletter.de. Hier könnt ihr uns Tipps für Events geben.

 

– Wochenendlektüre –

Lowcode für Finanzdienstleister: Nach wie vor stellt die Digitalisierung viele Unternehmen vor technische Hürden. Immer mehr Banken und Sparkassen setzen dem Artikel nach daher auf Low-Code-Angebote. Insbesondere sei dies hilfreich, wenn Legacy-Anwendungen umgeschrieben werden müssten. So müsse nicht jedes Mal alles von Grund auf neu programmiert werden. Als spannendes Leuchtturm-Projekt wird die Development Bank of Canada angeführt, die fünf Jahre und Unsummen an Geld in eine aufwendige Programmierung gesteckt habe, um damit zu scheitern. Ein Umstieg auf Low-Code habe dann binnen vier Tagen einen Prototypen ermöglicht, eine Prozessautomatisierung habe von da an kein Jahr mehr gedauert. der-bank-blog.de

N26 wollte Bitpanda kaufen: Es klingt eigentlich wie eine Nicht-Nachricht und doch auch wie ein spannendes Stück jüngerer Fintech-Geschichte. Bitpanda wurde nie von N26 gekauft. So weit, so gut. Doch hätte das im Jahr 2020 auch anders laufen können. Offenbar wurde N26 damals bereits auf die Österreicher aufmerksam, als Bitpanda noch nicht als Unicorn bewertet wurde. Dennoch, scheinbar war Bitpanda zu dem Zeitpunkt schon zu groß, um sich von der Smartphonebank schlucken zu lassen. Spannend ist die Anekdote ohnehin auch deshalb, da Krypto vor nicht allzu langer Zeit nichts als Zockerei für den N26-Chef Stalf gewesen sein soll. Scheinbar auf Investoren-Druck arbeitet N26 nun bekanntermaßen aber auch ohne die nie erfolgte Übernahme an einem Krypto-Feature. financefwd.com, businessinsider.com

Status Quo digitaler Zentralbankwährungen: Was anfangs recht schleppend und teils mit bangem Blick nach China begonnen hatte, nimmt weltweit immer mehr Fahrt auf: die digitalen Zentralbankwährungen (CBCD). Die Lesezeit des Artikels beträgt nur wenige Sekunden. Spannend aber ist die hinterlegte Weltkarte. Auf dieser sind zu über 100 Ländern Informationen gelistet, in welcher Entwicklungsphase sich die jeweiligen Pläne für CBCD befinden und ob schon entschieden ist, ob das jeweilige Projekt ein Retail-CBCD werden soll oder die Wholesale-Variante. paymentandbanking.com

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– Das Beste zum Schluss –

Fünfundzwanzig Finfluencer: Während die einen sich einen Alltag ohne kaum vorstellen können, ist es für viele andere vermutlich eines der Unwörter der letzten Jahre: Influencer. Was wäre aber die Finanzbranche ohne eine eigene Adaption, die Finfluencer. Immer mehr Experten und solche, die es sein wollen, haben sich auf die Fahne geschrieben, finanzielle Bildung zu vermitteln und nebenbei noch das ein oder andere eigene Produkt zu verkaufen. Diese Liste zeigt die Top25 der Finanz-Influencer, zumindest wenn es nach der Anzahl der Follower geht. it-finanzmagazin.de