Tax-Tech übernimmt Fintech: Ageras kauft Kontist
Neue Woche, neue Neobank-Übernahme: Kontist, das Berliner KMU-Fintech mit angeschlossener Steuerberatung, geht an die dänische Ageras Group. Der neue Eigner hält 100 Prozent der Anteile, laut „Handelsblatt“ floss ein zweistelliger Millionenbetrag. Der Name und die 150 verbleibenden Mitarbeitenden – Kontist hatte im Mai ein Viertel seiner Belegschaft gekündigt – sollen bleiben.
Die Ageras Group ist ein Finanzunternehmen mit Wurzeln in Kopenhagen, 2012 gegründet, ursprünglich um Soloselbständige mit Steuerberatern und Buchhaltern zu verknüpfen. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen eine Buy-and-build-Strategie verfolgt und durch Unternehmenszukäufe sein Dienstleistungsportfolio erheblich erweitert. Inzwischen hat Ageras eine Buchhaltungs-, Rechnungs- und Lohnbuchhaltungssoftware – und kann mit der Übernahme von Kontist jetzt auch Banking anbieten. Und zwar ohne die Fallstricke, die eine eigene Banklizenz mit sich bringt, denn die kommt bei Kontist von Solaris.
In zehn verschiedenen Ländern in Europa sowie in Nordamerika ist Ageras bereits aktiv; es ist davon auszugehen, dass sie das Modell von Kontist zumindest teilweise auch auf diesen Märkten einführen werden. Durch den Zukauf wird Ageras zu einem einzigartigen One-Stop-Shop für Freelancer, der alles vom eigenen Konto bis hin zu den darum gelagerten Steuer- und Finanzdienstleistungen beinhaltet. Das wird für den deutschen Markt spannend, wo ein derartiges Rundumangebot für Freelancer ein Alleinstellungsmerkmal für die Ageras Group sein wird.
Konsolidierung geht weiter
Laut „Handelsblatt“ hatte Kontist mehrere Zukunftsoptionen, darunter auch eine Kapitalerhöhung (die letzte Finanzierungsrunde war im März 2021). Letztlich sei der Verkauf die beste Option gewesen, sagte Gründer und Co-Chef Christoph Plantener der Zeitung. Die Bewertungen aus dem vergangenen Rekordjahr seien nicht mehr erreichbar gewesen.
Nach Penta in der Vorwoche geht mit Kontist die Konsolidierung des deutschen Neobanken-Marktes also weiter. Beide Unternehmen haben übrigens nach eigenen Angaben einen Kundenstamm von 50.000, und ihre neuen Eigner kommen aus dem europäischen Ausland. Dort hören aber die Ähnlichkeiten der beiden Deals auf.
Denn Kontist war auch vor der Übernahme bereits dabei, sich aus der Neobank-Nische wegzubewegen. Dort hatte man längst verstanden, dass Banking nicht mehr ein Produkt ist, mit dem alleine man Geld verdienen kann, sondern das nur als Teil eines Produktportfolios Sinn ergibt. Die Berliner haben zwar Einnahmen aus Kontoführungs- und Intercharge-Gebühren, doch ihre Besonderheit ist der angeschlossene Steuerberatungs-Service. Nach Aussage von Co-Chef Plantener stammen bereits 40 Prozent des Umsatzes aus diesem Bereich, der nun auch weiter ausgebaut werden soll. „Gestartet sind wir als Fintech“, schrieb uns Plantener auf Nachfrage, doch mittlerweile betrachte sich Kontist „als TaxTech“.
handelsblatt.com, Pressemitteilung von Ageras
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– Fintech-News Deutschland –
Tschüss Bank: Die Solaris Bank trennt sich vom Wort Bank und heißt künftig nur noch Solaris. Die Berliner wollen dadurch noch mehr als Tech-Unternehmen (mit einer Banklizenz) wahrgenommen werden und sich so auch für ihren angedachten Börsengang aufhübschen. handelsblatt.com
Ein Leben nach der Pleite: In einer beispiellosen Kooperation haben sich das insolvente Fintech Rubarb und der nachhaltige Vermögensverwalter und Digital Asset Manager Evergreen darauf geeinigt, Rubarb-Kunden einen kostenlosen Wechsel zu Evergreen anzubieten. zebramagazin.de, financefwd.de
Auch wichtig:
Airbank wählt für seine Expansion Klarna Kosma als Open-Banking-Plattform. Bis Ende 2022 soll die B2B-Finanzmanagement-Lösung in 50 Ländern verfügbar sein. it-finanzmagazin.de +++ Bei der Bielefelder Krypto-Börse coindex können Kund:innen klimaneutral anlegen, das Unternehmen kontert die Kritik an Bitcoin-Mining mit einer satten Kompensation und einem Nachhaltigkeitsreport. zebramagazin.de, btc-echo.de +++ Crif hat jetzt eine PISP-Lizenz und kann Zahlungsauslöse-Dienste anbieten; nach eigenen Angaben sind sie damit die erste Kreditauskunftei, die das kann. Pressemitteilung +++ Als Gegenentwurf zum BNPL-Trend arbeiten sich gerade mehrere Start-ups an „Save now, pay later“ ab, also einer Bezahlmethode, wo man ein Produkt kauft, es jedoch erst bekommt, wenn man genug gespart hat. Eines davon ist Cherries im Stealth-Modus mit erstem Investment von Atlantic Labs, die auch gerade ein paar Stellen ausgeschrieben haben. financefwd.com +++
– Neue Finanzierungsrunden –
„Save now, pay later“, die Zweite: Über 1,5 Millionen Euro Investment sowie eine sechsstellige staatliche Förderung kann sich das österreichische Fintech Monkee freuen. Das Start-up entwickelt eine Spar-App mit Loyalty-Programm, die Gründer verorten sich ebenfalls als BNPL-Gegenentwurf. paymentandbanking.com +++ Ausgestattet mit umgerechnet 39,3 Millionen Euro Funding will die britische Social-Trading-Plattform Shares in die EU expandieren; es werden Country Manager für Deutschland, Polen, Spanien, Schweden und die Niederlande gesucht. finextra.com, uktech.news +++ CommerzVentures, IRIS und Speedinvest beteiligen sich mit 9,9 Millionen Euro an der österreichischen Finanzplanungsplattform Helu.io. brutkasten.com +++ Bunch aus Berlin sammelt in der Seed-Runde rund 7,3 Millionen Euro für seine Plattform, die bürokratische Hürden für Business Angels reduzieren soll. businessinsider.de +++
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Ist unsere Kategorisierung von Banken noch zeitgemäß? Mit dieser Frage beschäftigt sich Vilve Vene, Mitgründerin von Tuum, in einem Gastbeitrag auf finletter. Sie vertritt die Meinung, dass eine neue Einordnung sowohl Banken als auch Kunden helfen könnte, sich wieder besser zu orientieren. finletter.de
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– News International –
Probleme für Coinbase: Für die US-amerikanische Krypto-Börse kommt es gerade ganz dicke. Zum einen untersucht die Finanzaufsicht SEC, ob auf der Plattform Assets gehandelt wurden, die als Wertpapiere hätten eingestuft werden müssen; Coinbase streitet das vehement ab. Außerdem haben die SEC und das Justizministerium Anklage erhoben gegen drei Menschen wegen Insider-Trading, mindestens einer von ihnen ist ein früherer Coinbase-Produktmanager. Finextra nennt es den ersten Fall systematischen Insider-Tradings im Krypto-Bereich. finextra.com (SEC), finextra.com (Insider Trading)
Regulatorische Bemühungen gegen Krypto I: Die Finanzaufsichtsbehörde von Taiwan will es verbieten, Kreditkarten für Krypto-Käufe einzusetzen. Kreditkartenzahlungen seien nur für Konsum gedacht – und Krypto-Währungen seien hochspekulativ, schwankten extrem und seien anfällig für Geldwäsche. btc-echo.de, news.bitcoin.com
Regulatorische Bemühungen gegen Krypto II: Mit den gleichen Argumenten geht auch die indische Zentralbank gegen Krypto-Währungen vor, nur dass sie diese gleich ganz verbieten möchte. Krypto-Währungen würden in dem Land damit in die Illegalität gedrängt. fintechfutures.com
– Über den Tellerrand: Tech-Giant-News für die Finanzbranche –
Forderung an Tech-Giganten: Großbritanniens größte Banken fordern gemeinsam von Tech-Unternehmen wie Facebook, Instagram und Google, dass sie sich an den Schäden beteiligen, die durch Betrug entstehen. Auf den Tech-Plattformen finde der Betrug statt, also solle nicht die Finanzwirtschaft alleine den Schaden tragen. finextra.com
– Treffpunkte –
Blockchain Monday: Rechtsexperte Dr. Timo Bernau erklärt die MiCA-Verordnung und gibt einen aktuellen Überblick zur Krypto-Regulierung von Krypto-Assets. 1. August, 19 Uhr, online
Fintech Ladies Hamburg @ finlit foundation: Die Fintech Ladies melden sich in Hamburg mit regelmäßigen Events zurück, finletter ist wieder als Medienpartner mit dabei. Der Auftakt findet bei der finlit foundation statt, die sich für mehr Finanzkompetenz im Alltag einsetzt. 24. August, Hamburg
Transactions 22: Payment & Banking holt seine Konferenz, die Fintech und Digital Business zusammenbringt, aus der Covid-Pause. 17. November, Offenbach
CryptX: An der Schnittstelle zwischen Krypto und Finanzbranche hat Payment & Banking 2021 die CryptX aus der Taufe gehoben, die nun in die nächste Runde geht. 18. November, Offenbach
Mehr Veranstaltungen zu Fintech findet ihr im Event-Kalender auf finletter.de. Hier könnt ihr uns Tipps für Events geben.
– Wochenendlektüre –
Kryptos & Blockchain – was bedeutet das für mich? Als Auszug aus der aktuellen GOLDILOCKS-Ausgabe zu Distributed Ledger Technologie hat finletter-Gründer Clas Beese seinen sehr persönlichen Kommentar auf LinkedIn veröffentlicht. Ein realistischer Blick in die Zukunft von sowohl Blockchain-basierten Zahlungsmöglichkeiten als auch der Technologie selbst. linkedin.com
Biometrische Authentifizierungsverfahren gewinnen an Zuspruch: Eine gleichnamige Studie von PwC zeigt, dass Bankkund:innen für Online-Banking und Überweisungen am häufigsten Fingerabdruck oder Gesichtserkennung nutzen. Selbst im Bargeld-Land Deutschland gibt es also Fortschritte bei der Technologisierung. Und offensichtlich ist eine gute Usability auch in einem empfindlichen Bereich wie der Authentifizierung ein Trumpf. pwc.de (Zusammenfassung), pwc.de (PDF), it-finanzmagazin.de.
Studie zu Finanz-Influencern: Sie werden immer mehr und finden ein offenes Ohr vor allem in jüngeren Zielgruppen, doch wirklich „influencen“ können Finanz-Influencer dann doch noch nicht. Eine Studie von YouGov hat ergeben, dass zwei Drittel der Befragten kein oder kaum Vertrauen in die Kompetenz der Social-Media-Persönlichkeiten hat, vor allem aufgrund mangelnde Expertise, aber auch weil sie einen Interessenkonflikt zwischen Information und bezahlter Werbung vermuten. geldinstitute.de
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– Das Beste zum Schluss –
Remagine post mortem: Auf LinkedIn lässt Remagine-Mitgründer und -CEO, Sebastian Dienst, die Insolvenz seines Fintech-Start-ups Revue passieren. Er gibt einen sehr persönlichen Einblick darüber, wie es zur Idee kam, welches Ziel er und seine Mitgründerin verfolgt haben, welche Hürden sie überwinden mussten und warum sie am Ende doch scheiterten. linkedin.com