finletter 296 – Klarna erobert Spitze zurück, Bafin verhängt Greensill-Moratorium und prüft EY

Martin Pieck
Martin Pieck

Der Klarna-Megadeal

Klarna ist es gewöhnt, in den Medien mit Superlativen bedacht zu werden. Aktuell ist es eine erfolgreiche Finanzierungsrunde mit einem Volumen von einer Milliarde US-Dollar, die die Klarna-Kasse klingeln lässt. Ein wahnsinniger Erfolg, der die Schweden darüber hinweg getröstet haben sollte, dass sie für eine kurze Zeit nicht als wertvollstes Fintech Europas geführt wurden. Im Januar noch machte Checkout mit einer 15-Milliarden-Bewertung von sich reden. Nur wenige Wochen später toppt  Klarna diese fantastische Bewertung um mehr als das Doppelte. Über 31 Milliarden ist das schwedische Fintech, dass besonders in Deutschland große Erfolge feiert, nun wert. Damit hat Klarna die eigene Bewertung in kürzester Zeit verdreifacht – und so die europäische Pole Position zurückerobert.

Da klingt es fast schon bescheiden, wenn Klarna-Boss Sebastian Siemiatkowski sagt, dass man lediglich mit einer halbe Milliarde Euro gerechnet habe. Doch scheinen die Investoren Klarna die Türen eingerannt zu haben. So heißt es im Anschluss von den Schweden, man hätte auch drei Milliarden generieren können. Als Grund wird vor allem das steigende Interesse in den Vereinigten Staaten gesehen. Diese dürften dem Vernehmen nach bald ein wichtigerer Markt werden als Deutschland.

Eine spannende Analyse wagt das Portal „Trending Topics”, nach der Klarna schon lange nicht mehr nur ein Payment-Anbieter ist. Bei der Beschreibung drängen sich Parallelen zu Amazon auf -nicht umsonst findet der Internetgigant ebenfalls Erwähnung, nämlich an der Stelle, an der Klarna seinen Kunden eine eigene Karte mit an die Hand gibt und damit Amazon ein wenig Wasser abgräbt. Es sei eben der „ganze Kuchen”, den Klarna wolle. Geadelt wird Klarna in der Analyse dann eben auch dadurch, dass es mehr Customer Journey eben nur bei Amazon gebe.

Für Aufsehen sorgte aber nicht nur die Meldung, dass mit dem frischen Kapital selbstverständlich die internationale Expansion vorangetrieben werden soll. Einen Prozent der aufgenommenen Summe will Klarna nun in eine eigene Nachhaltigkeitskampagne investieren – bei dem Fabel-Ergebnis der aktuellen Finanzierungsrunde sind das immerhin 10 Millionen Euro.

heise.de, spiegel.de, handelsblatt.com, paymentandbanking.com, techcrunch.com, youtobe.com, trendingtopics.at


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– Fintech-News Deutschland –

Bafin schließt Greensill: Die Bafin hat ein sehr seltenes Muratorium über die Greensill-Bank verhängt. In einer Mitteilung über die Bremer Greensill Bank AG zweifelt die Finanzdienstleistungsaufsicht an der Existenz bilanzierter Forderungen. Nun hat die Bafin außerdem angeordnet, dass der Kundenverkehr einzustellen ist. So folgenreich dieser Schritt auch sein mag, ganz aus dem Nichts kommt er nicht. Die Bafin beobachtet die deutsche Tochter einer australischen Finanzgruppe bereits seit geraumer Zeit. Die Betroffenheit hierzulande könnte sehr groß sein. Immerhin hätten beispielsweise allein über das Angebot von Weltsparen 15.000 Kunden „ein Tages- oder Festgeldkonto abgeschlossen”. Zusammen mit Zinspilot hätten beide Portale  „hunderte Millionen” an Festgeld an Greensill vermittelt. Bislang wird aber noch auf die in Deutschland verpflichtende Einlagensicherung verwiesen. Auf der anderen Seite könnten die Probleme aber noch größer werden, schließlich befände sich laut  „Finance Forward” noch eine Greensill-nahe Bank als Angebotspartner auf deutschen Plattformen. Dass das Thema gerade erst am Anfang stehen könnte, deutet der Vergleich an, den „Finanz-Szene” aufstellt – demnach könnte ein neuer Fall Wirecard ins Haus stehen. Passend zu diesen möglichen Ähnlichkeiten berichtete erstmals die Financial Times, dass die Bafin außerdem Strafanzeige wegen des Verdachts der Bilanzmanipulation stellte. Und ebenfalls passend dazu gibt es Kritik, die Bafin hätte schon früher reagieren können.  finanz-szene.de, handelsblatt.com, financefwd.com bafin.de

Bafin prüft EY: Es ist die zweite Meldung im dieswöchigen finletter, in der die Bafin eine Hauptrolle innehat – und gleichzeitig ein Schlag ins Gesicht der angesehen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY. Nach dem Skandal rund um Wirecard prüft die Bafin nämlich jetzt, ob EY überhaupt über die „grundlegende Eignung als Abschlussprüferin von Finanzdienstleistern“ verfügt. handelsblatt.com

Nextmarkets erhält 25 Millionen: Das von zwei Brüdern in Köln gegründete Fintech hat es sich zur Aufgabe gemacht, der bekannten Trading-Konkurrenz den Kampf anzusagen. Das soll unter anderem gelingen, weil die Kölner neben physischen Aktien und Hebel-Möglichkeiten auch Börsen-Coaches vermitteln. In früheren Runden hatte bereits Star-Investor Peter Thiel in Nextmarkets investiert, nun ist vor allem die Beteiligungsfirma von Christian Angermayer ausschlaggebend. financefwd.com  

Flex Payment geht in die vorläufige Insolvenz: Das Factoring-Start-up aus Hamburg ist offenbar der Corona-Krise zum Opfer gefallen. Das Unternehmen, dass etwa Selbstständigen ihre Rechnungen vorfinanziert und sich das Geld von den eigentlichen Auftraggebern zurückgeholt hat, leidet nach eigenen Angaben darunter, dass die Selbstständigen selbst weniger Aufträge bekommen und diese dann folgerichtig auch nicht über Flex Payment vorfinanziert werden. Nun soll ein Käufer den größten Schaden noch abwenden. financefwd.com

Solarisbank ist Kundenmillionär: Eine Millionen Kundenkonten und 35 Millionen Euro Gesamtertrag. Diese Zahlen lassen die Solarisbank derzeit strahlen. Besonders die Zusammensetzung scheint hier von Bedeutung, da drei Viertel der Summe aus dem als besonders nachhaltig geltenden Provisionsgeschäft stammten. Bei allem Licht gibt es für Solarisbank aber auch Schatten – zumindest, wenn man den einkalkulierten Verlust als solchen sehen mag, immerhin hat sich dieser auf 27 Millionen Euro erhöht. Auch durch einen Personal-Ausbau demonstriert die Solarisbank derzeit also einen starken Wachstumsdrang. handelsblatt.com, financefwd.com

Commerzventures investiert in wegift: Der Fintech-Finanzier der Commerzbank beteiligt sich nun an der Finanzierungsrunde in Höhe von 12 Millionen US-Dollar, durch die das britische Start-up WeGift sowohl in den USA als auch in Deutschland expandieren will. WeGift bietet Gutscheine für Kunden und Mitarbeiter und bietet hierfür zudem die Payment-Infrastruktur. financefwd.com

Monite startet mit einer Millionen Vorschuss-Lorbeeren: Ivan Maryasin war bei Penta zuständig für Wachstumsinitiativen. Aus der dort gesammelten Erfahrung heraus, dass viele Kunden mehrere Konten unterhalten würden, gründete er mit Monite nun sein eigenes Fintech, welches über eine Software-Lösung verschiedene Konten zusammenführen können soll.   financefwd.com

 

– Fintech-News International –

Mollie mit neuer Führung: Mit Shane Happach als neuem CEO will das holländische Fintech besonders den Konkurrenten Stripe angreifen. Erst seit wenigen Monaten ist das Unternehmen Teil der ersten europäischen Fintech-Garde, dabei profitierte es von einem langsamen Aufbau über fast zwei Jahrzehnte. Nun aber scheinen die Erfolge von Stripe Begehrlichkeiten zu wecken, das Wachstum rapide zu steigern. financefwd.com

Robinhood-IPO könnte bevorstehen: Viel negative Kritik musste die Trading-App Robinhood im Zuge der Causa Gamestop einstecken. Dem Marktwert muss dies allerdings nicht nachhaltig geschadet haben. Im Gegenteil. Nun, da die App in aller Munde ist, könne eine Stimmung vorherrschen, die einem kurzfristigen Gang an die Börse zugutekäme. Noch ist dies allerdings nichts bestätigt. Nach einer Schätzung, die auf  dem Portal “Finanzen” zitiert wird, könnte die Bewertung von Robin Hood dabei die neue von Klarna deutlich übersteigen – 40 Milliarden US-Dollar stünden dann im Raum.  crowdfudinsider.com, handelsblatt.com,

Kassenlose Supermärkte: 1.000 kassenlose Läden. Das ist das Ziel, dass Wundermart und Aifi nach einer Kooperation anstreben. Nun hat Aifi in Shanghai den bislang größten Markt ohne Kasse eröffnet. Bezahlt wird über eine App, die Einkäufe werden getrackt über Kameras und eine Software mit Künstlicher Intelligenz. Die Kunden können beispielsweise ihre Kreditkarten am Eingang scannen oder direkt die spezielle entwickelte App nutzen. Durch das Angebot der Software unterscheidet sich die Kooperation vom Amazon-Ansatz. Der Online-Riese bietet in seinen automatisierten Geschäften alles aus einer Hand. Auch ein Amazon Go-Geschäft eröffnete jetzt in London. businessinsider.com, euroweeklynews.com

 

– Treffpunkte –

Canadian Fintech Summit: Regional geht es los – mit einer Einführung in die Fintech-Szene der kanadischen Gastgeber-Region. Anschließend folgen eine Panel-Diskussion sowie eine Pitching-möglichkeit. 23. -25. März, online

Swiss Fintech Fair 2021: Angekündigt als die größte Schweizer Fintech-Veranstaltung des ganzen Jahres, soll diese unter dem Motto #backtogether21 an alte Zeiten anschließen. Die Veranstalter haben sich optimistisch auf die Fahne geschrieben, die Fintech-Gemeinschaft wieder räumlich zusammenzuführen. Da scheinen die Themen auf den ersten Blick zweitrangig, auf den zweiten reichen diese aber von Nachhaltigkeit, über die Künstliche Intelligenz bis hin zu den Payments. 08. September, Zürich

Mehr Veranstaltungen zu Fintech finden Sie im Event-Kalender auf finletter.de. Hier können Sie uns Tipps für Events geben.

 

– Wochenendlektüre –

Test von Banking-Apps: Dieser Test stellt Banking-Apps gegenüber, sowohl solche von Fintechs als auch von klassischen Kreditinstituten. Bedenkt man, dass das mobile Umfeld eigentlich das Territorium der Neobanken sein sollte, mag es verwunderlich scheinen, dass sich eher klassische Kreditinstitute auf den ersten Plätzen wiederfinden. So sind die Sparkassen und die Deutsche Bank doch deutlich vor Neobanken-Primus N26 gelistet. handelsblatt.com

Forget Finance will finanziell bilden: Auf den ersten Blick scheint der Unternehmensname mutig gewählt für ein Fintech, welches sich neben Beratung auch Finanzbildung auf die Fahnen geschrieben hat. Doch gehen die Gründer von Forget Finance offenbar einen anderen Weg: Dem ewigen Vergleich zwischen persönlicher Finanzberatung und der digitalen Variante setzen sie ein Hybridmodell entgegen. Dass einer der Gründer von der Fitness-App Freeletics kommt, merkt man auch am Angebot. Noch vor offiziellem App-Start gibt es für Kunden, ähnlich wie bei Freeletics individualisierte Pläne, nur für die Finanzen statt für körperliches Training.  t3n.de

Bindung durch Fintech-Support: Das eine Kooperation zwischen Fintechs und Banken Früchte tragen kann, ist längst kein Geheimtipp mehr. Der Artikel nennt aber einen konkreten Nutzen, den Fintechs für Banken haben, wenn eine Partnerschaft besteht: die Kundenbindung. der-bank-blog.de

Neue Fintechs: Start-ups, die jeder kennen sollte. Zumindest für das Portal „deutsche-startups.de” haben diese sieben Fintech-Newcomer das Potential, deutliche Spuren zu hinterlassen – vom Fintech, das speziell Frauen in Finanzfragen unterstützen will bis zur Business-Bank. deutsche-startups.de

Schrei nach Spacs: Kürzlich erst hat Klaus Hommels hierzulande den ersten Spac ermöglicht. Im Gruenderszene-Podcast erzählt Hommels nun, dass er auf Nachahmer hofft, auch um Firmen in Europa zu halten, die sonst in die USA abwandern könnten. businessinsoder.de

Greenwashing in der Versicherungsbranche: Das ökologische Gewissen der Verbraucher ist seit einiger Zeit ein Kaufargument, auch bei Finanzprodukten- Genauso alt ist freilich der Vorwurf des Greenwashings, also einer Masche, einen grünen Anstrich nur vorzutäuschen. Dieser Text macht deutlich, dass eine Unterscheidung für den Otto-Normal-Verbraucher enorm kompliziert ist. cash-online.de

 

– Meist gelesen in der letzten Woche –

…war der Beitrag über Ex-Banker, die es zu Fintechs zog. faz.net

 

– Das Beste zum Schluss –

Gefährliches Spiel: In diesem durchaus kritischen Artikel beleuchtet der  „Spiegel” die Smartphone-App Beework, die auf den ersten Blick als Game daherkommt, eigentlich aber eine Art Währung darstellen solle, die man spielerisch minen bzw. schürfen können soll. Gehandelt wird Beework daher teilweise schon als Bitcoin der Gamer-Szene. So frisch die Idee auf den ersten Blick daherkommen mag, handelt es sich im Grunde um einen klassisches Schneeball-System. Die Argumente, die der Artikel hierfür vorträgt, sprechen für Vorsicht. Angeblich hat die App bereits sieben Millionen Nutzer. Spiegel.de