finletter 239 – Fintech-Jahresausblick, Open Insurance, Qonto

Martin Pieck
Martin Pieck

Eine Zukunftsprognose zum Jahresbeginn

Die 20er Jahre verbindet man gemeinhin mit der sprichwörtlich goldenen Zeit des Aufbruchs. Nun liegt der Startschuss in diese Goldenen Zwanziger bereits ein Jahrhundert hinter uns. Was man später über die neuen 20er, nämlich die des 21. Jahrhunderts sagen wird, ist natürlich noch ungewiss. Gerade zum kürzlich vollzogenen Jahreswechsel überschlugen sich die Medien aber nahezu mit Voraussagen. Wenngleich das neue Jahrzehnt genau genommen erst zum nächsten Neujahr beginnt, wagt etwa  „techcrunch“ den Blick in die Glaskugel und sieht, dass Fintechs im Grunde die klassische Entwicklung von Medien durchmachten, als sie in ihrem ersten Jahrzehnt im Grunde bekannte Offline-Dienstleistungen in die Onlinewelt gebracht haben. Dieser Trend sei aber nun vorbei.  Die Zukunft von Fintech sei interoperabel und portierbar – wie es heute bei Mobilfunknetzbetreibern ist, zwischen denen man beinahe nach Belieben wechseln könne. Teil der Vision, die vier Thesen umfasst,  ist außerdem, dass Fintechs die Strippen im Hintergrund ziehen und nicht mehr zwingend eine direkte Verbindung zum Kunden benötigen. Einen Schritt weiter geht „crowdfundinsider“. Zwar zielt die Prognose dort nur auf das kommende Jahr ab, dem Artikel vorangestellt ist aber eine Rückschau der letztjährigen Vorhersage – das Portal pflegt diese Tradition seit vier Jahren. Nachdem der Artikel feststellt, dass die letztjährigen Vorhersagen über die Fintech-Branche immerhin in sechs von zehn Fällen zutrafen, wird in zehn neuen Thesen unter anderem vermutet, dass das Buzzword Fintech seine Wirkung verliert. Stattdessen werde die Idee dahinter allgegenwärtig und von den Kunden genutzt, ohne dass die dies zwangsläufig merken würden. Eine Übereinstimmung also mit den Kollegen von „techcrunch“ . Aber auch der erwartete Fintech-Durchbruch in Afrika und im Nahen Osten wird thematisiert. Gestützt durch eine PWC-Prognose sieht „finextra” außerdem die Blockchain verstärkt im Finanzsektor ankommen. Hier sei im Vorjahr eine solide Basis gelegt worden, als aus dem Hype praktikable Umsetzungen gewonnen worden seien. Geht es nach der „handelsblatt“- Analyse, wird ein noch deutlicherer Fokus auf der Ausprägung von Fintech-Plattformen liegen; ganz nach dem Vorbild der amerikanischen Tech-Giganten, die ihrerseits auf den Finanzmarkt drängen. Auch eine noch weitergehende Verstrickung zwischen den Anbietern gilt demnach als wahrscheinlich. Wo das kommende Jahr für viele Fintechs also spannende Möglichkeiten bieten dürfte, stehen andere vor unüberwindbaren Hürden, wie der Regulatorik von 27 Einzelmärkten in der EU. Laut zitierten Experten dürften außerdem die Tokenisierung von Anlagen und das Open Banking relevanter werden. Zumindest für die Prognosen, die sich nicht auf die kommende Dekade erstrecken, wird sich nach dem nächsten großen Silvesterfeuerwerk zeigen, ob die Experten richtig lagen.

techcrunch.com, crowdfundinsider.com, finextra.com, handelsblatt.com


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– Fintech-News Deutschland –

FRIDA könnte Open Insurance zum Durchbruch verhelfen: Free Insurance Data Initiative (Frida) – so soll künftig die einheitliche Schnittschnelle für Versicherungs-Dienstleister heißen, wenn es nach den Initiatoren geht. Diese sind EY, Alte Leipziger-Hallesche, Friendsurance und das InsurLab Germany. Damit endlich ein einheitlicher Standard entsteht, soll die Versicherungsbranche kostenlos auf das Angebot zurückgreifen können. Mit der Idee käme man der BAFIN zuvor, heißt es, da eine Notwendigkeit der Regulierung mittelfristig offenbar zu erwarten wäre.  it-finanzmagazin.de

Qonto startet sichtbare Strategie in Deutschland: Das aus Frankreich stammende Start-up konzentriert sich auf Selbstständige und kleine Unternehmen und tritt damit in Deutschland in Konkurrenz zu Anbietern wie Kontist oder Penta. Dadurch, dass auch das Deutsche-Bank-Angebot Fyrst und mittlerweile auch N26 das Geschäftsfeld für sich entdeckt haben, dürfte eine Expansion in Deutschland mit Mühen verbunden sein. Qonto aber gibt sich kämpferisch. Von den 180 Mitarbeitern kümmerte sich demnach die Hälfte um internationale Produkte – in Italien und Spanien ist Qonto bereits vertreten. gruender.wiwo.de

DDoS-Attacke auf DKB: In den vergangenen Tagen gab es in Schüben mehrere Probleme bei der IT der DKB. Zunächst fiel das Online-Brokerage aus, dann brach am Folgetag das Online-Banking zusammen, Später machte die Bank bekannt, dass es sich um einen Angriff handelte. Was für ein Angriff das war und an wen der sich richtete, fasst „finanz-szene“ zusammen. finanz-szene.de

Commerzbank übernimmt Comdirect: Nachdem ein erster Versuch zuletzt gescheitert war, übernimmt die Commerzbank nun ein Aktienpaket in Höhe von 90 Prozent der Comdirect-Werte. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart. handelsblatt.com, it-finanzmagazin.de,

Top-Manager verlassen N26: Erst im vergangenen Herbst hatte die Smartphone-Bank ihre Führungsriege neu strukturiert, nun verlassen gleich vier führende Mitarbeiter das Unternehmen. Im Artikel erwähnt sind bereits zwei Personen aus dem Unternehmen, die frei werdende Aufgaben übernehmen. financefwd.com

Lightspeed übernimmt Gastrofix: Weit über 100 Millionen Dollar investiert der kanadische Plattformbetreiber wohl in das Berliner Unternehmen, das seit 2011 Kassensysteme für die Gastronomie anbietet. Im Artikel wird die Kalkulation zitiert, nach der Lightspeed bis zu 126 Mio. Dollar investieren könnte. deutsche-startups.de

Deutsche Bank und Commerzbank steigen bei paydirekt ein: Nachdem zwölf private Banken dem gemeinsamen Bezahldienst der Kreditwirtschaft den Rücken zugekehrt haben, springen die beiden Institute ein. „it-finanzmagazin” urteilt, dass dies eher einer Resteverwertung gleichkomme als einem echten Neustart. Zumindest teilweise bleiben die ausgestiegenen Banken dem System aber als Teilnehmer erhalten. handelsblatt.com, it-finanzmagazin.de

Bundesbankchef warnt vor digitalem Euro: Die zuletzt häufiger geäußerte Forderung, auf das Facebook-Projekt Libra mit einer europäischen Digitalwährung zu reagieren, könnte übereilt sein, sagt Bundesbank-Präsident Jens Weidmann. Stattdessen sieht dieser erstmal die Banken in der Pflicht, den Zahlungsverkehr besser zu gestalten. cash.ch

Finanzspritze für Finoa: Das Blockchain-Start-up aus Berlin hat unter Führung des Münchner Kapitalgebers Venture Stars Wagniskapital in Millionenhöhe gesammelt. Die genaue Höhe gaben die Beteiligten indes nicht bekannt. Finoa hat sich auf die Verwahrung der Krypto-Assets von Anlegern spezialisiert. financefwd.com

 

– Fintech-News International –

Innovation-Hub für Fintech und Insurtech öffnet in Tel Aviv: Axell ist der Name des Hubs, Player wie Generali und AIG sind bereits Teil des Klienten-Netzes. Der CEO von Axell, Moshe Tamir, war zuvor ebenfalls bei Generali, als Global Head of Digital. Der Haupt-Fokus soll dabei auf Partnerschaften liegen, weniger in der Investition in Start-ups. algemeiner.com

Schweiz hält Libra für gescheitert: Die Diskussionen um Facebooks Digitalwährung veranlassten den Schweizer Bundespräsidenten Ueli Maurer zu der Aussage, dass die Schweiz Libra derzeit nicht bewilligen könne. Der Druck auf Libra in seiner jetzigen Form sei schlicht zu groß. Noch im vergangenen Jahr begrüßte die Schweiz die Libra-Pläne, sich in Genf niederzulassen. gruenderszene.de

Fintechs und Insuretechs waren Basis des Schweizer Start-up-Booms 2019: Auch wenn manche dieser Unternehmen im vergangenen Jahr gescheitert seien, vor allem im Kanton Zug, dass zuvor noch durch einen Krypto-Boom aufgefallen war, bilden die Finanzdienstleister unter den Start-ups in der Schweiz auch mit 7 Prozent einen wichtigen Pfeiler der Branche.  finews.ch

China legt Basis für Krypto-Geld: Seit Neujahr gilt in China ein neues Gesetz zur Nutzung von Passwörtern in Krypto-Use-Cases. Laut Medienberichten soll China nun drei Passwort-Arten differenzieren, von denen die kommerziellen Passwörter die Krypto-Technologie fördern sollen. btc-echo.de

 

– Neu auf finletter.de –

Insurtech Quartatt: Hans-Peter Holl über Scheitern

Kolumne: In unserem #Insurtech-Quartett schreibt diese Woche Hans-Peter Holl von Enowa, was die großen Branchen-News aus 2019 – etwa die Investitionen in wefox und das Scheitern von Flypper – über das neue Insurtech-Jahr erahnen lassen. Er rät Deutschland mehr Mut in Sachen Wagniskapital. finletter.de

 

– Treffpunkte –

Fintech Europe Selection Day 5:  Das hochgesteckte Ziel der Nachmittags-Veranstaltung ist es, durch Zusammenarbeit mit den besten Start-ups die Welt der Finanzdienstleistungen zu verändern. In drei Blöcken können Start-ups ihre Konzepte pitchen, um im Anschluss die Pausen zum Networking zu nutzen. 29. Januar, Frankfurt am Main.

FrankfurtDigitalFinance: Die Konferenz findet in diesem Jahr erstmals statt und beleuchtet unter anderem Themen wie RegTech, Open Banking und die Blockchain. Außerdem lädt die Konferenz zu interaktiven Diskussionen, die von bekannten Szenegrößen, wie dem Raisin-CEO Tamaz Georgadze präsentiert werden. 5. Februar, Frankfurt.

Fintech 2020: Führende Entscheidungsträger und Innovatoren wollen die Veranstalter ansprechen. Thematisch wird es vor allem um die weiter wachsende Bedeutung von Daten im Finanzdienstleistungssektor gehen. Dabei sollen Möglichkeiten, wie die des maschinellen Lernens, den Risiken, etwa durch Cyberangriffe, gegenübergestellt werden. 12. März, Rüschlikon.

money20/20: Mehr als 6.000 Teilnehmer aus 100 Ländern verzeichnete die letztjährige Money in Europa. In acht provokant formulierten Leitfragen soll es 2020 etwa darum gehen, wie man ein langweilig nachhaltiges Geschäftsmodell entwickelt oder wie man die Welle regulatorischer Änderungen reitet. 16.–18. Juni, Amsterdam.

Mehr Veranstaltungen zu Fintech finden Sie im Event-Kalender auf finletter.de.

 

– Wochenendlektüre –

Generation Z bildet die Kundschaft der Zukunft: Während Berichte des demographischen Wandels häufig den Eindruck erwecken, dass die Bevölkerung immer älter wird, beleuchtet dieser Artikel die Tatsache, dass weltweit bereits jetzt ein Drittel der Menschen der Generation Z, den Nachfolgern der Millenials, angehört. Auf eine Generation, deren älteste Repräsentanten immer noch jünger seien als Amazon, müsse man sich dementsprechend auch technisch einstellen. So wird künftig keine Bank mehr gewählt, sondern die App, die den Kunden der Zukunft im jeweiligen Moment am ehesten zusagt. fintechfutures.com

Innovate or die – Bankbranche unter Druck: Banken müssen sich von alten Glaubenssätzen freimachen. Marketingexperte Bernhard Klein sieht die Bankenbranche Jahren unter Druck. Althergebrachte „believes“ würden Veränderungen verhindern. Wiederholt sich das Schicksal der Musikindustrie? Ein Blick auf die „Porterkurve“ lässt Schlimmes ahnen. der-bank-blog.de [gesponserter Beitrag]

Der Plan von Fyrst: Fyrst ist zwar ein Start-up der Deutschen Bank, kommt aber im Auftritt als eigenes Unternehmen daher. Das hat gute Gründe, findet „financefwd“. Schließlich solle die Fintech-Konkurrenz mit frischem Image daherkommen und nicht dem der angeschlagenen Großbank, während die Synergien zwischen beiden sehr wohl große Vorteile bringen würden. financefwd.com

Sieben Lehren für Krypto-Anleger: Die Zeit der Krypto-Anarchie sei vorbei, urteilt das „handelsblatt“ und veröffentlicht zugespitzte Prognosen. Unter anderem die, dass die Regulierer sich der Krypto-Szene derart annehmen, dass das System streng kontrolliert werden wird. Außerdem ist der Autor sicher, wer das Rennen um die erste staatliche Krypto-Währung macht. handelsblatt.com

Irrtümer über Kartenzahlungen: Kartenzahlungen sind langsam und teuer. Das sind für den Autor nur zwei von sieben falschen Vorurteilen, die Deutschland noch im gefühlten Status des Bargeldlandes verharren lassen. Ob dieser Status allerdings noch wirklich berechtigt ist, da ist sich der Autor nicht sicher. aboutfintech.de

 

– Meist gelesen in der letzten Woche –

…war der Artikel zur Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Banken und Fintechs. der-bank-blog.de

 

– Das Beste zum Schluss –

Silicon Valley-CEO zieht zeitweise nach Afrika:  Die wachsende Bedeutung Afrikas für den Fintech-Markt wird regelmäßig durch unterschiedliche Medien beleuchtet. Ein so deutliches Zeichen spricht aber nochmal eine andere Sprache: Jack Dorsey, Mitbegründer von Twitter und Square, hat sich auf einer Reise durch vier afrikanische Länder inspirieren lassen. So sehr, dass er nun ankündigte, in diesem Jahr für bis zu sechs Monate auf den afrikanischen Kontinent zu ziehen.  techcrunch.com