Digitalisierung: Das müssen Banken ändern

Friedrich Kersting
Friedrich Kersting

Digitalisierung ist bei allen Banken das Gebot der Stunde. Voller Eifer werden bestehende Produkte und Services sowie die Kanäle zum Kunden digital aufbereitet. Doch eine neue App ist noch keine Vision, ein Robo-Advisor noch keine Omnichannel-Strategie und eine Fintech-Kooperation noch nicht der große Wurf. Um den zu landen, braucht es vor allem eine stringente Einbettung in die Gesamtstrategie sowie eine konsequente Priorisierung und nennenswerte Budgets.

Digitalstrategie im Rahmen agiler Leitplanken

Um wenig zielführenden Digital-Aktionismus zu vermeiden, benötigt die Digitalisierung strategische Leitplanken. Diese können allerdings nicht mehr – wie bisher allgemein üblich – alle drei bis fünf Jahre bestimmt werden. Denn nie zuvor war die Notwendigkeit, sich kurzfristig auf neue Rahmenbedingungen einzustellen, sich anzupassen und sich zu verändern, für Banken so groß wie heute. Anstelle der allgemein üblichen langfristigen Planwirtschaft muss also ein agiler Strategieprozess treten.
Im Rahmen dieses agilen Strategieprozesses sollten Strategen, Innovationsexperten und Führungskräfte der einzelnen Unternehmensbereiche dann gemeinsam eine Digitalstrategie erarbeiten. Mit dem Anspruch, Erfolg und Kundenzufriedenheit erhöhen, müssen sie überlegen, welche neuen Technologien, Konzepte und Kooperationsmöglichkeiten (!) am besten eingesetzt werden können bei der:

– Digitalisierung bestehender Angebote
– Entwicklung neuer digitaler Angebote und Geschäftsmodelle
– Kundenbindung und Kundenkommunikation
– Optimierung interner Prozesse und Datenmanagement

Konsequente Priorisierung und nennenswerte Budgets

Im nächsten Schritt gilt es, Transparenz über alle bereits laufenden Digitalisierungsvorhaben innerhalb der Bank zu schaffen, diese in die neue Digitalstrategie einzuordnen, die Schließung strategischer Lücken zu initiieren und alle Projekte bei deren Umsetzung zu begleiten sowie den Digitalisierungsfortschritt anhand eines Dashboards zu messen.

Um diesen Fortschritt sicher zu stellen, gilt es auch, dafür zu sorgen, dass alle wesentlichen Erfolgsfaktoren bereitstehen, die Effizienz hoch und die Störung des Arbeitsflusses niedrig ist. Zur Not kann es dafür notwendig sein, laufende Projekte zu pausieren, damit welche mit höherer Priorisierung ohne Unterbrechung fertig gestellt werden können. Das gilt umso mehr in Zeiten schrumpfender Budgets. Denn die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, der Einsatz neuer digitaler Technologien und die Optimierung der Prozesse kosten Geld. Da das bei vielen Banken mittlerweile nicht mehr mit beiden Händen ausgegeben werden kann, sind Priorisierungen zwingend geboten. Die derzeitige Praxis, diese in großen Abstimmungsrunden vorzunehmen und die Ressourcen-Zuteilung für die Digitalisierung von der breiten Zustimmung der auf „Run the bank“ fokussierten Unternehmensbereiche abhängig zu machen, funktioniert nicht. Wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen!

Zukunftsweisende, für die Organisation zum Teil einschneidende „Change the Bank“ Projekte werden nur dann möglich, wenn ein separates – und idealerweise kontinuierlich steigendes – Budget für die Digitalisierung bereitgestellt wird. Dieses Budget muss nennenswert sein, jedoch nicht überbordend. Denn ein großes Budget führt nicht zwangsläufig zu einem höheren Umsetzungsgrad. Im Gegenteil: Wer viel Geld hat, hat ausschließlich teure Ideen. Aus der finanziellen Not heraus entstehen hingegen oft Pragmatismus, Kreativität und Improvisationskunst, die letztlich oft zu besseren Lösungen führen. Nicht ohne Grund heißt es, dass ein Start-up mit einer Mio. Euro und einer Hand voll Mitarbeitenden mehr erreicht als eine etablierte Bank mit 100 Mio. Euro und 1.000 Mitarbeitenden.

Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit

Die Möglichkeiten der Digitalisierung sind vielfältig und die Chancen groß. Doch Aktionismus eröffnet nicht den Weg, diese erfolgreich zu nutzen. Stattdessen sollte jede Bank ihren Strategieprozess adjustieren, darin eine klare Digitalisierungsstrategie fest verankern, die Umsetzung der einzelnen Maßnahmen/Initiativen zentral steuern und im «Start-up»-Modus umsetzen. Das könnte/sollte die Strategieabteilung als „unabhängige Instanz“ orchestrieren – oder ein Chief Digital Officer (CDO).

Im Ergebnis wird die für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit zwingend erforderliche digitale Transformation erreicht – mit überschaubaren Investitionen, in kleinen Schritten, aber hoher Geschwindigkeit!