Als die Banken die Blockchain erfanden

Im November 2012 schrieb ich in meinem Blog über ein Innovationsprojekt von Innotribe der Innovationsinitiative von Swift (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication). Das sogenannte „Digital Asset Grid“ sollte Banken weltweit als Plattform positionieren, indem eine Infrastruktur zum sicheren und geschützten Austausch von Daten zwischen Unternehmen, Institutionen, Geräten und Menschen entwickelt und bereitgestellt wird. Eine Besonderheit dieser Idee bestand darin, Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Daten wertvoller und individuell – nach eigenen Maßgaben – verwertbar zu machen.

Kodak-Moment

Die Idee hat mich damals sehr begeistert. Gleichzeitig aber auch ein wenig verwundert. Dass gerade Banken ihren Kunden die vollkommene Kontrolle über die eigenen Daten zugestehen wollten, schien mir fast ausgeschlossen. Schließlich sind Daten wesentlicher Werterzeuger der digitalen Gesellschaft und nahezu alle erfolgreichen Plattform-Geschäftsmodelle basieren auf der Extraktion, Aneignung und Verwertung von Daten, die eigentlich dem Menschen, der sie erzeugt, gehören und gehören sollten.

Im Konzept des „Digital Asset Grid“ steckte damals ein Kerngedanke, der – wäre die Idee ins Fliegen gekommen – eine gewaltige Chance für die Banken bedeutet hätte. Natürlich nur, sofern diese damals schon erkannt hätten bzw. hätten wahrhaben wollen, dass in der digitalen Welt keine Intermediäre mehr benötigt werden. Vielleicht wird das Projekt einmal als Kodak-Moment in die Geschichte der Finanzkrise eingehen?

Blockchain Moment

Kolumnist Boris Janek schreibt auf finletter regelmäßig über Blockchain
Boris Janek schreibt auf finletter über Blockchain

Obwohl es Blockchain und die Bitcoin-Bewegung im Jahr 2012 bereits gab, kam es damals nicht zum gedanklichen Schulterschluss und der Erkenntnis, dass eine technologische Lösung für das „Digital Asset Grid“ schon entstanden war – allerdings in einem anderen Ökosystem. Was bei der damals und auch heute noch (teilweise) üblichen Abgrenzung der Branche nach außen auch kein großes Wunder war.

Dieser Schulterschluss fand auch deshalb nicht statt, weil die meisten finanziellen Institutionen 2012 noch nicht erkannt hatten, dass sie in neue Rollen wachsen und dafür auch die Bereitschaft mitbringen mussten, aus den alten Rollen hinauszutreten.

Nun versucht man (verzweifelt?) Blockchain-Anwendungen zu finden, die unter Beibehaltung der alten Intermediärs Rolle funktionieren. Aber ist das möglich?

„The difficulty lies not so much in developing new ideas…. as in escaping from the old ones.“ John Maynard Keynes