About Fintech #16: Das Trauerspiel um Instant Payments

Tobias Baumgarten
Tobias Baumgarten

Deutsche Banken gelten gemeinhin nicht unbedingt als die großen Vorreiter der Digitalisierung. Regelmäßige Leserinnen und Lesern des finletters dürfte diese Erkenntnis nicht überraschen. Wenn es in den letzten paar Jahren aufregende Innovationen zu vermelden gab, waren zumeist die Fintechs in erster Reihe. Falls doch mal eine Bank positiv herausgestochen ist, dann nur höchst selten einmal eine aus Deutschland.

Während sich spanische Großbanken wie die Santander oder die BBVA, aber auch britische, skandinavische oder auch polnische Banken frühzeitig mit den Möglichkeiten und Potentialen der Digitalisierung auseinandergesetzt haben, standen die Vertreter der drei Säulen des deutschen Bankensystems gern vornehm am Spielfeldrand. Allenfalls die eine oder andere Kooperation mit einem Fintech ragt da hervor.

Alle anderen Aktivitäten deutscher Banken fallen derzeit bestenfalls unter die Kategorie „Gut gedacht, schlecht umgesetzt“. Der Payment-Dienst der Deutschen Kreditwirtschaft – Paydirekt – kämpft mehr mit sich selbst und seiner komplexen Shareholder-Struktur als mit dem eigentlichen Konkurrenten Paypal. Das Smartphone-Konto Yomo von den Sparkassen kommt nach vielversprechendem Start nicht von der Stelle. Und der Identity-Dienst Verimi floppt mit seinem Go Live und verliert als Erstes seine Geschäftsführerin.

Instant Payments sollen neuen Schwung bringen

Nach all diesen Fehlschlägen sollen nun Instant Payments den Umschwung bringen. Initiiert von der Europäischen Zentralbank sollen Zahlungen damit so schnell funktionieren wie eine E-Mail. Zwischen Auftrag und Geldeingang sollen maximal 20 Sekunden vergehen, im Schnitt sogar deutlich weniger. Die Banken wittern die Chance, verlorene Marktanteile gegenüber Paypal (online) oder sogar neue Marktanteile am POS (gegenüber Kreditkarten) zu holen.

Tobias Baumgarten
Tobias Baumgarten hat auf finletter die aktuellen Fintech-Trends im Blick. Nebenbei bloggt er auf aboutfintech.de.

Die bisherige Umsetzung allerdings lässt am Erfolg der Instant Payments gehörig zweifeln. Aus verschiedenen Gründen. Das wäre zu aller erst die Frage nach dem Bedarf: Wer braucht eigentlich Instant Payments? Welches Kundenproblem sollen sie lösen? Am POS kann ist schon jetzt bequem per Karte bezahlen und den Laden verlassen. Mit kontaktlosen Zahlungen per NFC oder Smartphone, dafür bei kleinen Beträgen ganz ohne Pin-Code, ist das einfach, schnell und etabliert.

Ja, der Händler bekommt mit Instant Payments sein Geld sofort aufs Konto und nicht nur eine Zahlungsgarantie. Vorteil für den Kunden? Keiner! Zumal die Handhabung noch völlig unklar ist. Soll der Kunde an der Kasse erstmal eine Überweisung im Mobile Banking ausfüllen und dann den Betrag überweisen? Lange Schlangen an den Kassen wären die Folge. Bliebe eine Umsetzung via Debitkarte, womit wir wieder bei der Frage nach dem Mehrwert wären. Und online? Da gibt es mit Kwitt, Paydirekt (P2P) und vor allem Paypal ebenfalls schnelle und vor allem etablierte Lösungen. Mehrwert von Instant Payments? Bestensfalls für Nischenanwendungen interessant.

Das Pricing offenbart mangelnden Sachverstand

Was allerdings am meisten gegen ihren Erfolg (zumindest hierzulande) spricht, ist das derzeitige Pricing seitens der deutschen Banken. Bei der HypoVereinsbank gibt es Instant Payments nur im Premium-Konto gratis, bei allen anderen Konten kosten sie 50 Cent. Auch bei den Sparkassen, die im Sommer mit den schnellen Überweisungen starten, sollen die Preise zwischen 50 Cent und zwei Euro liegen. Instant Payments sind also eine teure Zusatzdienstleistung.

Diese Idee erinnert fatal an das prohibitive Preismodell, an dem Paydirekt derzeit nach Branchenmeinungen krankt. Es zeigt, dass deutsche Bankmanager die Digitalisierung noch immer nicht verstanden haben. Payment ist für den Kunden kein Produkt, für das er bereit wäre, Geld zu bezahlen. Es ist eine simple Funktion, die er als kostenlose Basisdienstleistung erwartet. Paypal, Apple (mit Applepay) und Google (mit Google Pay) haben das verstanden – deutsche Banker leider nicht.

Die vergeben einmal mehr die Chance, Kunden mit einem neuen Qualitätsfaktor an sich zu binden und Paypal und Co. endlich einmal einen zeitgemäßen Dienst entgegenzusetzen. Klar, die Umstellung der langsamen, aber kosteneffizienten Batch-Verarbeitung auf Instant Payments kostet die Banken einige Millionen Euro. Aber statt das Geld als eine Investition in die Zukunft zu begreifen, versuchen sie, das Geld umgehend und direkt vom Kunden zurückzuholen.

Die nächste vertane Chance

Würden sie nur endlich einmal (nur wenigstens einmal!) aus Kundenperspektive denken, würden sie erkennen, wie unsinnig dieses Unterfangen ist. Warum zum Teufel sollte irgendein Kunde künftig auf kostenpflichtige Instant Payments setzen? Darauf werden die Herren Bankmanager vermutlich keine überzeugende Antwort haben. Kein Kunde, nicht einmal die Banker selbst, wird eine solche Funktion nutzen.

So sind Instant Payments eine weitere vertane Chance – und ein Paradebeispiel dafür, dass deutsche Banker einfach keine Digitalisierung können. Schade eigentlich.