Jedes Jahr aufs Neue wird das Jahr des Mobile Payment ausgerufen. Das ist in der Fintech-Szene schon beinahe ein Ritual zum Jahresbeginn. Bisher stets ohne Konsequenz – ob es 2017 anders wird?
Das Thema Mobile Payment erhält fortwährend eine Menge Aufmerksamkeit. Vor allem, wenn eine Keynote von Apple ansteht, wartet die versammelte Payment-Nerd-Community gebannt darauf, dass der Konzern den Start von Apple Pay auch in Deutschland verkündet.
Ist ja auch irgendwie cool, mit seinem Smartphone an der Ladenkasse zu bezahlen. Die staunenden Blicke sind einem sicher, wenn man es einmal irgendwo testet. Wenngleich das hierzulande eigentlich nur mit Nischenlösungen wie Boon von Wirecard funktioniert oder theoretisch mit Payback Pay, wobei ich damit bei „meinen“ Aral-Tankstellen bisher nie was geworden bin.
Mobile Payment bietet Kunden (bisher) keinen erkennbaren Mehrwert
Mobile Payment kommt also auch Jahre nach seinem Start nicht wirklich in die Gänge. Was wesentlich daran liegt, dass (potentielle) Kunden einfach keinen Mehrwert darin sehen. Ob ich an der Ladenkasse nun Karte oder Smartphone zücke, macht nicht wirklich einen Unterschied. Ein Mehrwert könnte die Kombination von Payment, Loyalty und papierlosem Kassenzettel sein.
Payback versucht diesen Weg zu gehen, kommt allerdings auch nicht so wirklich voran. Aus dem Loyalty-Bereich kommend, funktioniert Payment derzeit nur bei wenigen Partnern, aber nicht flächendeckend. Und der papierlose Kassenzettel ist bisher auch nur in der Pilotphase. Andere Anbieter haben hier allerdings derzeit noch gar nichts zu bieten – und damit auch keinen Mehrwert, der Kunden zur Nutzung verleiten würde. Bleibt es dabei, wird wohl auch 2017 nicht das Jahr des Mobile Payment werden.
Online Payment ist langweilig, aber etabliert
Während Mobile Payment sein Potential nicht abzurufen vermag, ist Online Payment etabliert. Das liegt natürlich auch daran, dass Mobile im stationären Handel zu Hause ist – einem Bereich, der bestenfalls stagniert. Das große Kaufhaussterben steht sinnbildlich dafür. Die Zukunft des Handels ist online; die nachhaltig hohen Wachstumsraten von Amazon oder Zalando sind da unmissverständlich. Hand in Hand mit dem Online-Handel wächst auch das Online Payment rasant.
Anbieter wie Paypal profitieren von diesem Trend. Der Platzhirsch ist auch in Deutschland fest etabliert und arbeitet so profitabel, dass sein Börsenwert höher ist als der aller deutschen Banken zusammen. Das weckt bei den Banken natürlich Begehrlichkeiten. Deshalb hat man mit Paydirekt auch einen eigenen Paypal-Klon auf die Beine gestellt. Der soll deutsche Kunden begeistern und einen Schutzwall gegen den US-Dienst bilden. Schließlich will man den Payment-Kuchen hierzulande für sich selbst. Macht soweit Sinn.
Der Bezahlvorgang als notwendiges Übel
Apropos Paypal: Die Amerikaner stehen offenbar kurz davor, vermeintlich den Jackpot zu knacken. Bisher haben die jeden relevanten Online-Händler im Angebot. Nur einen nicht: den Weltmarktführer Amazon, der sein eigenes Payment-Süppchen kocht. Nun ging diese Woche die Nachricht über den Ticker, es liefen Verhandlungen zwischen Amazon und Paypal. Ein echter Hammer, einerseits. Aber ergibt das überhaupt Sinn?
Sicher, wenn ich in Juttas Gardinenshop oder auf Fliegenfischen24.de einkaufe, bin ich froh, wenn ich meine Zahlungsdaten dort nicht hinterlassen muss. Dann machen Dienste wie Paypal oder Paydirekt Sinn. Aber auf Amazon? Der Checkoutprozess bisher: Ich packe die Waren in den Warenkorb und klicke dort auf „Jetzt kaufen“ – fertig. Und mit Paypal? Muss ich zusätzlich meine Zugangsdaten für Paypal eingeben, ggfs. noch eine SMS abwarten. Nervig! Ein Conversion Killer!
Es bleibt eh die Frage, inwiefern unabhängige Payment-Dienste auf Dauer eigentlich sinnvoll sind. Kunden wollen Dinge kaufen. Der Bezahlvorgang ist nur ein notwendiges Übel, kein Produkt. Online Payment als Feature meines Girokontos? Ergibt Sinn. Als Feature meiner Hardware (wie Smartphone, Tablet oder sonstigem)? Ergibt noch mehr Sinn.
Wer hat die besten Chancen?
Eine Glaskugel habe ich nicht, aber eines ist klar: Payment wird in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Bargeld ist weltweit auf dem Rückzug, der Online-Handel boomt. Immer mehr Anbieter versuchen ihr Glück auf diesem Feld: Smartphone-Hersteller, Automobil-Riesen und Social-Media-Giganten ebenso wie Banken und Spezialanbieter.
Beste Chancen dürften diejenigen haben, die Payment still und günstig im Hintergrund abwickeln und den Bezahlvorgang so unauffällig wie möglich gestalten. Schwer wird es auf Dauer für alle, die bisher ihr Geld gut sichtbar an der Kundenschnittstelle verdienen: für Retailbanken – und für Paypal. So müsste es eigentlich kommen, aber wer weiß das schon so genau? Der König Kunde trifft manchmal seltsame Entscheidungen…